Posts for Tag : Mangelhaftigkeit

Für handwerkliche Selbstverständlichkeiten gilt Überwachungspflicht  0

Der Anscheinsbeweis spricht für eine Bauaufsichtspflichtverletzung des Architekten, soweit Mängel des Bauwerks vorliegen, die im Rahmen der Bauüberwachung typischerweise hätten entdeckt werden müssen.

Eine Bauüberwachungspflicht des Architekten besteht auch bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten. Lediglich die Kontrolldichte ist insoweit reduziert. Diese erfordert aber in jedem Fall stichprobenartige Kontrollen.

Das bauausführende Unternehmen kann sich auf ein Mitverschulden des Auftraggebers berufen, sofern die mangelhafte Bauausführung auf von diesem zur Verfügung gestellte fehlerhafte Pläne zurückzuführen ist.

Eine Vorteilsausgleichung im Hinblick auf eine durch eine deutlich verlängerte Nutzungsdauer entstehenden Vorteils kommt nur dann in Frage, wenn der Mangel sich zu einem verhältnismäßig späten Zeitpunkt auswirkt und der Auftraggeber bis dahin keine Gebrauchsnachteile hinnehmen musste.

Der erste Anschein spricht dafür, dass die von dem Drittunternehmen abgerechneten Kosten erforderlich waren, sofern der Auftraggeber einen solchen für die Mängelbeseitigung auf dem freien Markt ausgewählt hat. In diesem Fall ist der Auftragnehmer für das Gegenteil, nämlich dafür, dass eine Beauftragung zu überhöhten Preisen stattgefunden habe und damit für eine eindeutige und unzweifelhafte Überschreitung der Grenze der Erforderlichkeit darlegungs- und beweispflichtig (IBRRS 2023, 0852; BGB §§ 249254278280281283311a421633634 Nr. 2, 4, §§ 636637; HOAI 2002 § 15; VOB/B § 13; OLG Jena, Urteil vom 17.02.2022 – 8 U 1133/20
vorhergehend: LG Erfurt, 16.09.2020 – 8 O 358/14).

Baustromklausel mit Abrechnungsoption zulässig  0

Eine sog. Baustromklausel, nach welcher der Auftraggeber von der Schlussrechnung des Auftragnehmers 0,3 % der Schlussrechnungssumme in Abzug bringen kann, benachteiligt den Auftragnehmer jedenfalls dann nicht unangemessen, soweit diese Klausel die Möglichkeit einer Abrechnung nach tatsächlichem Verbrauch enthält (Abgrenzung zu OLG Hamburg, IBR 2017, 183).

Die Leistung des Auftragnehmers ist auch dann mangelhaft, soweit diese die vereinbarte Funktion nur deswegen nicht erfüllt, weil die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellte Vorunternehmerleistung mangelhaft ist.

Der Verantwortlichkeit für den Mangel kann sich der Auftragnehmer bei ungenügender Vorunternehmerleistung nur bei ausreichender Prüfung des Vorgewerks und einem darauf folgendem Bedenkenhinweis gegenüber dem Auftraggeber entziehen.

Übernimmt der Auftragnehmer die Ausführung in Kenntnis, dass eine Planung nicht zur Verfügung steht, kann dieser sich, ohne entsprechenden Bedenkenhinweis, nicht auf ein Mitverschulden des Auftraggebers berufen. Dem Auftraggeber kann ein Verschulden des Vorunternehmers in der Regel nicht zugerechnet werden, da der Vorunternehmer, anders als der Architekt bei der Planung, regelmäßig nicht Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers im Verhältnis zum Nachfolgeauftragnehmer ist.

Zur Mangelbeseitigung gehört es, die Gewerke, die zwingenderweise bei der Nachbesserung zerstört werden, wiederherzustellen (IBRRS 2023, 0660; BGB §§ 254276278307633634; VOB/B § 4 Abs. 3, 7, § 8 Abs. 3, § 13 Abs. 1, 3;
OLG Hamm, Urteil vom 22.09.2022 – 24 U 65/21; vorhergehend:
LG Münster, 24.03.2021 – 210 O 81/18
).

Im LV genanntes Produkt ist zu verbauen, oder gleichwertiges Produkt zu benennen  0

Der Auftragnehmer ist angehalten, das vom Auftraggeber im Leistungsverzeichnis vorgeschlagene Produkt einzusetzen, soweit Teilleistungsbeschreibungen den Zusatz „oder gleichwertig“ benennen und vom Auftragnehmer keinerlei Produktangaben (Hersteller- und Typenbezeichnung) eingetragen wurden.

Derartige vom Auftraggeber vorformulierte Regelungen sind weder überraschend, noch intransparent, noch benachteiligen diese den Auftragnehmer unangemessen.

Soweit der Auftragnehmer ein anderes als das vertraglich vereinbarte Produkt verwendet, ist dessen Leistung mangelhaft, was den Auftraggeber zur Kündigung des VOB/B- Vertrags berechtigt (IBRRS 2023, 0003; BGB §§ 305305c307; VOB/B § 4 Abs. 7, § 8 Abs. 3; OLG Celle, Urteil vom 14.12.2022 – 14 U 44/22; vorhergehend: LG Hannover, 18.02.2022 – 17 O 125/20).

Keine Mangelhaftigkeit des Schwarzbaus  0

Jedem durchschnittlichen Bauherrn muss klar sein, dass sowohl der vollständige Abriss eines Bestandsgebäudes, sowie die Neuerrichtung eines Ferienhauses einer Baugenehmigung bedürfen.

Der Auftragnehmer braucht vor Vertragsschluss nicht auf Umstände hinzuweisen, von denen der Auftraggeber Kenntnis hat, oder haben muss.

Sind sich die Parteien eines Bauvertrags ausdrücklich darüber einig, dass das Bauwerk unter Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Vorgaben errichtet wird, kann der Auftraggeber, soweit dieser das Risiko des Schwarzbaus bewusst in Kauf genommen hat, hinterher keinerlei Mängelansprüche gegen den Auftragnehmer geltend machen (IBRRS 2022, 3001; BGB §§ 134249254276280633; OLG Dresden, Urteil vom 07.12.2021 – 6 U 1716/21; vorhergehend: LG Dresden, 23.07.2021 – 9 O 1527/17; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 10.08.2022 – VII ZR 1/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Funktionsfähigkeit des Dampfbades  0

Der vom Auftragnehmer geschuldete Werkerfolg richtet sich einerseits nach der vereinbarten Qualität, Menge, Ausführungsart, und andererseits nach der von den Vertragsparteien gewollten Funktion des Werks.

Der funktionale Mangelbegriff setzt voraus, dass der Werkunternehmer sowohl zu prüfen, ob mit mittels der eigenen Werkleistung das vom Besteller gewünschte Ergebnis erreichbar ist. Weiter hat dieser zu prüfen, ob die vorgefundenen Gegebenheiten in Form zur Verfügung gestellte Materialien, und Vorarbeiten Dritter, selbst bei ordnungsgemäßer eigener Leistung den gewünschten Erfolg entgegenstehen könnten.

Die Leistungsvereinbarung der Parteien wird durch die Herstellungspflicht überlagert, die zum Inhalt hat, ein nach den Vertragsumständen zweckentsprechendes und funktionstaugliches Werk zu liefern.

Dementsprechend hat ein Dampfbad, außer Dampf, eine ausreichende Luftzirkulation und Temperatur sicherzustellen. Das vom Auftragnehmer erstellte Werk ist mangelhaft, sofern es diese Anforderungen nicht erfüllt (IBRRS 2022, 2941; BGB §§ 633634637 Abs. 3; OLG München, Beschluss vom 25.01.2021 – 28 U 4343/20 Bau; vorhergehend: OLG München, Beschluss vom 19.10.2020 – 28 U 4343/20 Bau; LG Deggendorf, 25.06.2020 – 33 O 142/18; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 27.07.2022 – VII ZR 204/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Mangelhafte Vorunternehmerleistung ist dem Bauherrn nicht zurechenbar  0

Soweit Mängel eines Vorgewerks dazu führen, dass die Leistung eines nachfolgenden Unternehmers mangelhaft ist, haftet der Bauherr insoweit nicht. Der Vorunternehmer ist nicht als sein Erfüllungsgehilfe anzusehen (IBRRS 2022, 2476; BGB §§ 254278633 Abs. 2; OLG Schleswig, Urteil vom 08.07.2022 – 1 U 97/21 ).

Werkunternehmerpfandrecht reduziert sich bei mangelhafter Werkleistung  0

Fordert der Werkbesteller die ihm gehörende Sache nach Durchführung einer Reparatur vom Werkunternehmer heraus, so kann sich der Unternehmer gem. § 320 Abs. 1 BGB auf seine noch offene Vergütung berufen und nach § 273 Abs. 1 BGB auf sein Werkunternehmerpfandrecht.

Das Werkunternehmerpfandrecht reduziert sich um den Betrag des Vergütungsanteils, der auf die mangelhafte Leistung entfällt, sofern die Werkleistung mangelhaft ist, nicht aber um die Kosten der Mangelbeseitigung (IBRRS 2022, 1362; BGB § 273 Abs. 1, § 320 Abs. 1, § 633; KG, Beschluss vom 04.04.2022 – 21 U 3/22; vorhergehend: LG Berlin, 09.12.2021 – 58 O 153/20).

Der Ingenieur hat so zu planen, dass die Bauleistung funktionstauglich ist  0

Der Ingenieur schuldet eine vertragsgerechte und den Regeln der Technik entsprechende funktionstüchtige Planung. Die Planung muss darauf ausgerichtet sein, dem vertraglich vorausgesetzten Gebrauch gerecht zu werden.

Die zu errichtende Abwasseranlage hat korrosionsbeständig zu sein, damit die Planung nicht als mangelhaft gilt.

Der Ingenieur hat auf Bedenken hinzuweisen, sofern dieser die Ungeeignetheit der bindenden Vorgaben des Auftraggebers erkennt. Davon abgesehen hat der Ingenieur auch auf vom Auftraggeber unerkannte Risiken bezüglich der Vorgaben und Vorleistungen hinzuweisen, soweit eine Gefährdung der eigenen Leistung denkbar ist ((IBRRS 2022, 0818; BGB §§ 242633634 Nr. 3, 4, § 637 Abs. 3; HOAI 2009 § 42; OLG Brandenburg, Urteil vom 10.02.2022 – 12 U 28/21; vorhergehend: LG Frankfurt/Oder, 15.01.2021 – 12 O 160/19).

Die objektiv unmögliche Mängelbeseitigung darf der Auftragnehmer verweigern  0

Das Dach eines Wintergartens ist mangelhaft und entspricht nicht der vereinbarten Beschaffenheit, soweit dieses nicht dicht an die vorhandene Unterkonstruktion anschließt, weswegen es von außen zu Wassereintritten kommen kann.

Sofern mittels der Montage von vereinbarten System- Bauteilen ein dichter Anschluss nicht erreichbar ist, sondern hierfür eine von einem Zimmermann oder Dachdecker herzustellende Dachkonstruktion erforderlich ist, ist die Mängelbeseitigung unmöglich, so dass diese vom Auftragnehmer verweigert werden kann (IBRRS 2021, 2878; BGB § 275 Abs. 1, §§ 633634; VOB/B § 13 Abs. 1, 6 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.05.2021 – 23 U 81/20.

Kühlung soll kühlen  0

Soweit mit der geplanten Rückkühlleistung die Abwärme der Kühlanlage nicht vollständig abgeführt werden kann, ist die Leistung des mit der Fachplanung eines Rückkühlsystems beauftragten Ingenieurs ist mangelhaft.

Soweit sich der Planungsmangel bereits im errichteten Rückkühlsystem realisiert hat, ist die Fristsetzung zur Mängelbeseitigung entbehrlich (IBRRS 2021, 2026; BGB § 280 Abs. 1, §§ 633634 Nr. 2, § 637; OLG Frankfurt, Urteil vom 05.06.2020 – 29 U 67/19; vorhergehend: OLG Frankfurt, 11.02.2020 – 29 U 67/19
LG Wiesbaden, 03.04.2019 – 5 O 47/18; nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 24.02.2021 – VII ZR 100/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).