Posts for Tag : Mangel

Baustromklausel mit Abrechnungsoption zulässig  0

Eine sog. Baustromklausel, nach welcher der Auftraggeber von der Schlussrechnung des Auftragnehmers 0,3 % der Schlussrechnungssumme in Abzug bringen kann, benachteiligt den Auftragnehmer jedenfalls dann nicht unangemessen, soweit diese Klausel die Möglichkeit einer Abrechnung nach tatsächlichem Verbrauch enthält (Abgrenzung zu OLG Hamburg, IBR 2017, 183).

Die Leistung des Auftragnehmers ist auch dann mangelhaft, soweit diese die vereinbarte Funktion nur deswegen nicht erfüllt, weil die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellte Vorunternehmerleistung mangelhaft ist.

Der Verantwortlichkeit für den Mangel kann sich der Auftragnehmer bei ungenügender Vorunternehmerleistung nur bei ausreichender Prüfung des Vorgewerks und einem darauf folgendem Bedenkenhinweis gegenüber dem Auftraggeber entziehen.

Übernimmt der Auftragnehmer die Ausführung in Kenntnis, dass eine Planung nicht zur Verfügung steht, kann dieser sich, ohne entsprechenden Bedenkenhinweis, nicht auf ein Mitverschulden des Auftraggebers berufen. Dem Auftraggeber kann ein Verschulden des Vorunternehmers in der Regel nicht zugerechnet werden, da der Vorunternehmer, anders als der Architekt bei der Planung, regelmäßig nicht Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers im Verhältnis zum Nachfolgeauftragnehmer ist.

Zur Mangelbeseitigung gehört es, die Gewerke, die zwingenderweise bei der Nachbesserung zerstört werden, wiederherzustellen (IBRRS 2023, 0660; BGB §§ 254276278307633634; VOB/B § 4 Abs. 3, 7, § 8 Abs. 3, § 13 Abs. 1, 3;
OLG Hamm, Urteil vom 22.09.2022 – 24 U 65/21; vorhergehend:
LG Münster, 24.03.2021 – 210 O 81/18
).

Mangel bei nur kurzer Haltbarkeit  0

Verfügt das Werk nicht über die vereinbarte Beschaffenheit, so ist es mangelhaft. Vor allem alle dem Werk unmittelbar und jedenfalls für eine gewisse Zeit anhaftenden physischen Merkmale bilden die Beschaffenheit des Werks. Auch die Haltbarkeit eines Werks kann zur vereinbarten Beschaffenheit gehören.

Funktioniert eine Wärmepumpe schon nach kurzer Frist nicht mehr, liegt ein Mangel vor. Jedenfalls ist dem Besteller nicht zumutbar, eine kurze Haltbarkeit hinzunehmen.

Beruht der Defekt hingegen auf einer äußeren Einwirkung liegt ein Mangel hingegen nicht vor, hier allerdings verneint (IBRRS 2023, 0040; BGB § 633 Abs. 2; VOB/B § 13 Abs. 1; OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.10.2022 – 22 U 231/21; vorhergehend: LG Krefeld, 06.10.2021 – 5 O 147/20).

Spritzwasserschutz ist Aufgabe des Architekten  0

Wird bei der Herstellung eines Wärmedämmverbundsystems mit einem dreiteiligen Aufbau, bestehend aus Dämmstoffplatten aus Mineralwolle, Textilglas- Gittergewebe bewehrtem Unterputz und Oberputz, für Unter- und Oberputz, jeweils die nach der bauaufsichtsrechtlichen Zulassung vorgegebene Mindeststärke nicht eingehalten, handelt es sich um ein Mangel in der Ausführung der Bauarbeiten. Für diesen hat der Bauunternehmer einzustehen.

Soweit aufgrund der flächendeckenden Verteilung der mangelhaften Putzstärken und wegen des, auch aufgrund der Prozessdauer, entstandenen erheblichen zeitlichen Abstands der Mängelbeseitigungsarbeiten bis zur Fertigstellung der ursprünglichen Leistungen, eine komplette Neuherstellung des Wärmedämmverbundsystems erforderlich ist, so ist sowohl bei der Berechnung des Mangelbeseitigungskostenvorschusses, als auch bei dessen späterer Abrechnung jeweils ein Abzug „neu für alt“ zu berücksichtigen.

Der mit der Bauüberwachung beauftragte Architekt hat bei der Herstellung eines Wärmedämmverbundsystems zu berücksichtigen, dass das nach der allgemeinen bauaufsichtsrechtlichen Zulassung einzuhaltende Vorgehen stets eingehalten wird. Dies macht eine jedenfalls stichprobenhafte Kontrolle der Ausführung der Arbeiten bezüglich des eingesetzten Materials, der ausreichenden Materialmengen, des Einsatzes geschulten Personals, sowie der sachgerechten Verwendung des richtigen Werkzeugs, notwendig.

Im Zuge der Objektplanung des Gebäudes hat der Architekt grundsätzlich einen hinreichenden Schutz der Fassade vor Spritzwasser im erdberührten Bereich vorzusehen. Daher kann dieser sich nicht mit Erfolg dahingehend argumentieren, nicht mit den Planungen der Außenanlagen beauftragt worden zu sein. Schließlich ist ein Gebäude nicht von seiner Umgebung zu trennen. Insoweit obliegen diesem zumindest Hinweispflichten gegenüber dem Bauherrn auf einen bisher fehlenden Spritzwasserschutz (BGB §§ 633634 Nr. 4, § 637 Abs. 3; HOAI 2009 § 33; OLG Naumburg, Urteil vom 13.10.2021 – 2 U 29/20
vorhergehend: LG Magdeburg, 22.01.2020 – 2 O 1550/15).

Kein Einlass zur Eigentümerversammlung ohne Anmeldung?  0

Mit seinem Einladungsschreiben zur Eigentümerversammlung kann der Verwalter empfehlen, nicht persönlich zu erscheinen, sondern eine Vollmacht zu erteilen. Eine solche Empfehlung stellt aber keine verbindliche Ausladung der Eigentümer dar. Dieser muss daher nicht nachgekommen werden.

Gegen eine Anmeldepflicht bestehen keinerlei Bedenken. Diese hat den Zweck, frühzeitig zu erkennen, wie viele Eigentümer an der Versammlung teilnehmen werden und um einschätzen zu können, ob die geltenden öffentlich- rechtlichen Vorgaben aufgrund der COVID-19 Pandemie im Versammlungszeitraum eingehalten werden können.

Allerdings liegt ein rechtserheblicher Mangel vor, soweit mit dem Einladungsschreiben angekündigt wird, dass Personen, die unangemeldet erscheinen, nicht zur Versammlung zugelassen werden (IBRRS 2021, 2692; BGB § 180 Abs. 1; WEG § 48 Abs. 5; AG Marburg, Urteil vom 04.05.2021 – 9 C 750/20).

Derjenige, der eine Abdichtung benötigt, muss diese auch bestellen  0

Eine kapillarbrechende Abdichtung wird dann nicht geschuldet, wenn der Auftragnehmer lediglich mit dem „lagenweisen Vergießen der Hohlräume unterhalb der Schwimmbadrinne beauftragt“ wurde.

Wird der Auftragnehmer nicht mit Abdichtungsarbeiten beauftragt, ist seine Leistung mangelfrei, soweit diese sich nicht als Abdichtung eignet..

Den Auftragnehmer treffen grundsätzlich kein Prüf- und Hinweispflichten, soweit kein Mangel erkennbar ist. (IBRRS 2021, 1523; BGB §§ 631633634 Nr. 4; BGB a. F. § 635; VOB/B § 4 Abs. 3, § 13 Abs. 3; OLG Schleswig, Beschluss vom 19.12.2018 – 1 U 52/18; vorhergehend: OLG Schleswig, Beschluss vom 24.10.2018 – 1 U 52/18; LG Flensburg, 04.07.2018 – 2 O 317/17; nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 10.03.2021 – VII ZR 16/19; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Unterschreitung der anerkannten Regeln der Technik  0

Die Herstellung eines mangelfreien Werks setzt voraus, dass dieses die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht.

Üblicherweise verspricht der Auftragnehmer bei Vertragsschluss konkludent die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Daher liegt ein Mangel vor, soweit die Werkleistung diesen Erfordernissen nicht entspricht.

Beabsichtigt der Auftragnehmer, die anerkannten Regeln der Technik mit der geplanten Art der Ausführung zu unterschreiten, hat er den Auftraggeber, wenn dieser die Unterschreitung nicht aus eigener Fachkunde erkennen kann, darauf ausdrücklich hinzuweisen.

Eine unverhältnismäßige Mängelbeseitigung ist dann zu bejahen, soweit das Beharren auf einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung unter Berücksichtigung des objektiven Interesses des Auftraggebers an der ordnungsgemäßen Erfüllung unter Abwägung aller Umstände im Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt (IBRRS 2021, 1359; BGB §§ 242280633634 Nr. 4, § 637 Abs. 3; VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 1; OLG Brandenburg, Urteil vom 09.07.2020 – 12 U 76/19; vorhergehend: LG Frankfurt/Oder, 03.05.2019 – 16 O 12/18).

Bei corona- bedingter Schließung in der Regel keine Mietminderung  0

Eine behördliche Schließung als Folge der COVID- 19- Pandemie führt weder zu einem Mangel noch zu dem Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft des Mietobjekts.

Aufgrund des Vorrangs der §§ 536 ff. BGB sind die Regelungen der Unmöglichkeit verdrängt.

Soweit wegen des Verwendungsrisikos des Mieters i. S. v. § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB überhaupt Raum für die Berücksichtigung einer Störung der Geschäftsgrundlage ist, muss das Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht untragbaren Ergebnis führen.

Der Einwand des Mieters auf Reduktion der Miete aufgrund Störung der Geschäftsgrundlage ist im Urkundenverfahren allerdings nicht statthaft, da der dem Mieter hierfür obliegende Beweis nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln geführt werden kann (§ 598 ZPO) (IBRRS 2021, 1130; BGB § 313 Abs. 1, §§ 536 ff.; ZPO §§ 592595 Abs. 2, § 598; OLG Frankfurt, Urteil vom 19.03.2021 – 2 U 143/20 (nicht rechtskräftig); vorhergehend:
LG Frankfurt/Main, 29.10.2020 – 2-10 O 156/20).

Abnahmeprotokoll mit „i.A.“ unterschrieben, stellt keine Abnahme dar  0

Soweit das Abnahmeprotokoll durch ein Mitarbeiter des Auftraggebers mit „i. A.“ unterzeichnet, bringt dieser dadurch zum Ausdruck, dass er keine Verantwortung für den Inhalt des Abnahmeprotokolls übernehmen möchte.

Dies hat zur Folge, dass die Abnahme erst durch die Abnahmeerklärung bzw. – bestätigung des Auftraggebers erfolgt.
Wird der Auftragnehmer lediglich mit der Lieferung und Installation einer Wärmepumpe („erster Baustein“) beauftragt, liegt trotz unzureichender Heizleistung kein Mangel vor, wenn der Auftraggeber die für eine funktionstauglichen Heizungsanlage erforderlichen weiteren Komponenten nicht in Auftrag gibt.

Voraussetzung für die Erstattung von Ersatzvornahmekosten ist, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer zuvor eine Mängelbeseitigungfrist gesetzt hat (IBRRS 2021, 0893; BGB § 307 Abs. 1, § 631 Abs. 1, §§ 633640; VOB/B § 4 Abs. 7, § 8 Abs. 3, §§ 1213; OLG Celle, Urteil vom 19.09.2019 – 6 U 37/19
vorhergehend: LG Lüneburg, 05.02.2019 – 9 O 277/13;
nachfolgend: BGH, Beschluss vom 26.08.2020 – VII ZR 226/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Wegen „Lockdown“ nur halbe Miete  0

Beschränkungen durch corona- bedingte Schließungsanordnungen stellen keinen Mangel der Mietsache dar, da der notwendige Zusammenhang zur konkreten Beschaffenheit der Mietsache fehlt.

Die Vorschrift des § 326 Abs. 1 BGB ist nur bis zum Zeitpunkt der Überlassung der Mietsache an den Mieter anwendbar. Ab Überlassung gelten den Vorschriften des besonderen Gewährleistungsrechts (§§ 536 ff. BGB).

Die im Zuge der Corona- Pandemie eingeführte Regelung des Art. 240 § 2 EGBGB steht der Anwendung von § 313 Abs. 1 BGB nicht entgegen.

Im Falle corona- bedingter Geschäftsschließungen hat der Mieter Anspruch auf Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage. Eine Anpassung auf die halbe Miete erscheint angemessen (IBRRS 2021, 0817; BGB §§ 134313326 Abs. 1, § 536 Abs. 1 Satz 1, § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1; EGBGB Art. 240 § 2; LG Dortmund, Urteil vom 23.02.3021 – 12 O 359/20 (nicht rechtskräftig).

Corona- bedingte Schließung kein Mangel, aber Vertragsanpassung möglich  0

Eine allgemeine corona- bedingte Schließungsanordnung stellt keinen Sachmangel des Mietobjekts dar, der einen Mieter zur Minderung der Miete berechtigen würde.

Nach der Überlassung der Mietsache werden die Regeln des allgemeinen Schuldrechts durch das Gewährleistungsrecht der §§ 536 ff. BGB verdrängt. Dies gilt auch für teilweise oder zeitweise Unmöglichkeit.

Davon abgesehen liegt aber auch keine Unmöglichkeit nach § 275 BGB vor.

§ 313 Abs. 1 BGB ist im Falle coronabedingter Schließung anwendbar. Aus Art. 240 §§ 1, 2 EGBGB ergibt sich insoweit keine Sperrwirkung.

Auch auf den ersten Lockdown ist die Vermutung aus Art. 240 § 7 EGBGB rückwirkend anwendbar.

Die Vermutung umfasst jedoch lediglich die erste Tatbestandsvoraussetzung von § 313 Abs. 1 BGB, nicht aber die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen.

Eine komplette Schließung für sechs Wochen und Öffnungs-Einschränkungen während weiteren neun Werktagen, sowie ein Umsatzverlust von 10%, rechtfertigen jedoch keinerlei Vertragsanpassung (IBRRS 2021, 0712; BGB §§ 275286 Abs. 2 Nr. 1, §§ 313326535 Abs. 1 Satz 2, § 536 Abs. 1, § 580a; EGBGB Art. 240 §§ 1, 27; LG Münster, Urteil vom 19.02.2021 – 23 O 18/20).