Posts for Tag : Kündigung

Bei Bauzeitverlängerung durch Änderungsleistung Vergütung nach tatsächlich erforderlichen Kosten  0

Soweit der Auftraggeber dem Auftragnehmer auf einer Baubesprechung mitteilt, dass sich der Beginn seiner Arbeiten aufgrund einer Behinderung durch einen Vorunternehmer zeitlich verschiebt, beinhaltet dies weder eine Anordnung i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B (2002), noch ein Angebot zur Änderung der vertraglich vereinbarten Bauzeit.

Soweit sich der Auftragnehmer im Rahmen der Vereinbarung eines Nachtrags einen bauzeitbezogenen Mehrkostenanspruch nicht ausdrücklich vorbehält, ist in der Regel davon auszugehen, dass das Nachtragsangebot sämtliche Mehrleistungen umfasst, mit der Folge, dass zusätzliche, bauzeitbezogene Kosten aufgrund eines späteren Nachtrages nicht mehr nachgeschoben werden können.

Um die Bauzeitverlängerung transparent zu machen, ist bezüglich der Darlegung des Anspruchs auf zeitabhängige Mehrkosten eine baustellenbezogene Darstellung der Ist-, bzw. Sollabläufe notwendig.

Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, so ist ein Mehrvergütungsanspruch nach § 2 Nr. 5 VOB/B (2002) nach den tatsächlich erforderlichen Mehrkosten zuzüglich angemessener Zuschläge für Baustellengemeinkosten, allgemeine Gemeinkosten und Gewinn darzulegen und unter Beweis zu stellen. Diese Aufgabe kann nicht durch kalkulatorische Bewertungsverfahren, wie z. B. anhand geschätzter Produktivitätsverluste auf der Grundlage von Erfahrungswerten, erfüllt werden (IBRRS 2024, 0827; BGB § 313642; VOB/B § 2 Nr. 5, § 6 Nr. 6; OLG Köln, Urteil vom 21.12.2023 – 7 U 173/20; vorhergehend: LG Köln, 08.03.2022 – 5 O 9/10).

Der Mieter kann sich auf unvorhersehbare wirtschaftliche Engpässe berufen  0

Der Mieter kann sich auf unvorhersehbare wirtschaftliche Engpässe berufen, da eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs eine verschuldete Zahlungsunfähigkeit voraussetzt, § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Soweit innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB die nachträgliche Begleichung der Mietrückstände erfolgt, wird dadurch das Verschulden der Pflichtverletzung i. S. d. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB gemindert. Dies kann die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge haben (IBRRS 2023, 0133; BGB § 540 Abs. 1, § 573 Abs. 2 Nr. 1; LG Gießen, Urteil vom 22.11.2022 – 1 S 81/22; vorhergehend: AG Gießen, 19.04.2022 – 38 C 270/21).

Keine Kündigung wegen Mängeln vor Abnahme bei unwiksamer Vereinbarung von § 4 Abs. 7 VOB/B  0

Sofern die VOB/B nicht als Ganzes durch den Auftraggeber vereinbart wurde, hält § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB/B (2002) ebenso, wie die hierauf rückbezogene Bestimmung des § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) der Inhaltskontrolle nicht stand.

Die Kündigungsregelung gemäß § 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen im Sinne des§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und ist deswegen unwirksam (IBRRS 2023, 0656; BGB § 307 Abs. 1, 2, §§ 314, § 648a; VOB/B (2002) § 4 Nr. 7 Satz 3, § 8 Nr. 3 Abs. 1BGH, Urteil vom 19.01.2023 – VII ZR 34/20; vorhergehend: OLG Naumburg, 20.02.2020 – 1 U 6/14; LG Halle, 13.12.2013 – 11 O 64/06).

Im LV genanntes Produkt ist zu verbauen, oder gleichwertiges Produkt zu benennen  0

Der Auftragnehmer ist angehalten, das vom Auftraggeber im Leistungsverzeichnis vorgeschlagene Produkt einzusetzen, soweit Teilleistungsbeschreibungen den Zusatz „oder gleichwertig“ benennen und vom Auftragnehmer keinerlei Produktangaben (Hersteller- und Typenbezeichnung) eingetragen wurden.

Derartige vom Auftraggeber vorformulierte Regelungen sind weder überraschend, noch intransparent, noch benachteiligen diese den Auftragnehmer unangemessen.

Soweit der Auftragnehmer ein anderes als das vertraglich vereinbarte Produkt verwendet, ist dessen Leistung mangelhaft, was den Auftraggeber zur Kündigung des VOB/B- Vertrags berechtigt (IBRRS 2023, 0003; BGB §§ 305305c307; VOB/B § 4 Abs. 7, § 8 Abs. 3; OLG Celle, Urteil vom 14.12.2022 – 14 U 44/22; vorhergehend: LG Hannover, 18.02.2022 – 17 O 125/20).

Unterlassungstitel als Voraussetzung der Kündigung aufgrund unbefugter Gebrauchsüberlassung  0

Die Wirksamkeit einer auf die unbefugte Gebrauchsüberlassung an Dritte gestützten Kündigung des Mietverhältnisses kann außer der Pflichtverletzung des Mieters auch dessen Zuwiderhandeln gegen einen vom Vermieter vor Ausspruch der Kündigung erwirkten Unterlassungstitel notwendig machen (IBRRS 2022, 3265; LG Berlin, Urteil vom 11.10.2022 – 67 S 111/22, BGB § 546 Abs. 1, § 566 Abs. 1, § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1; vorhergehend: AG Mitte, 06.04.2022 – 12 C 5122/19).

Soweit der Auftragnehmer nicht (mehr) für Mängel haftet, darf die Arbeiten nicht einstellen  0

Die Kündigung des Bauvertrages durch den Auftraggeber ist zulässig, soweit der Auftragnehmer den Beginn der Ausführung verzögert, der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung gesetzt und die Kündigung angedroht hat, und die gesetzte Frist ungenutzt abgelaufen ist.

Hat der Auftragnehmer vor Auftragsausführung ordnungsgemäß Bedenken angemeldet, kann dieser nach einer ausdrücklichen Anweisung des Auftraggebers die Aufnahme bzw. Weiterführung der Arbeiten wegen drohender Mängel nicht verweigern,

Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn durch die Ausführung der Bauarbeiten eine Gefahr für Leib und Leben begründet wird (IBRRS 2022, 2590; GG Art. 101 Abs. 1; VOB/B § 5 Abs. 3, 4, § 8 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2; ZPO §§ 348a538 Abs. 2 Nr. 1).

Bedenkenanmeldung schützt vor Verzugskündigung  0

Dem Auftragnehmer eines VOB-Vertrags kann der Auftrag von Aufraggeber entzogen werden, soweit der Auftragnehmer den Beginn der Ausführung verzögert, oder mit der Vollendung in Verzug gerät und eine gesetzte angemessene Nachfrist zur Vertragserfüllung fruchtlos abgelaufen ist.

Ein Verzug des Auftragnehmers tritt nicht ein, soweit dieser einer Weisung des Auftraggebers nicht folgt, der seine geltend gemachten Bedenken treuwidrig nicht berücksichtigt.

Eine Anweisung des Auftraggebers ist dann treuwidrig, wenn danach die Werkleistungen auf eine gegen den Bauvertrag und gegen die Regeln der Technik verstoßende Weise erbracht werden soll, aber gleichzeitig keinerlei Freistellung von der Gewährleistung erfolgt. Eine Verpflichtung des Auftragnehmers, sich einem seiner begründeten Meinung nach ernstlich drohenden Gewährleistungsfall nicht absehbaren Ausmaßes aufzwingen zu lassen, besteht nicht.

Hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber nicht nur ordnungsgemäß seine Bedenken mitgeteilt hat, sondern hat die Prüfung dieser Bedenken mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Ergebnis, dass die vom Auftraggeber vorgesehene Art der Ausführung zum Eintritt eines erheblichen Leistungsmangels, oder eines sonstigen nicht nur geringfügigen Schadens führen wird, steht dem Auftragnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht zu.

Dem Auftragnehmer obliegt die Beweislast für die Treuwidrigkeit der Anweisung des Auftraggebers.

Kündigt der Auftraggeber den Bauvertrag wegen Verzugs, obwohl der Auftragnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht hat, ist die Kündigung unwirksam, bzw. mangels Vorbehalt, bzw. Klarstellung, regelmäßig als freie Kündigung des Auftraggebers auszulegen bzw. dahin umzudeuten (Anschluss an BGH, IBR 2003, 595).

Bei freier Kündigung eines Pauschalpreisvertrags muss für die Abrechnung zwischen erbrachten und nicht erbrachten Leistungen unterschieden werden. Die Darlegungslast für das Verhältnis der bewirkten Leistung zur vereinbarten Gesamtleistung und des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis obliegt dem Auftragnehmer.

Sind zur Bewertung der erbrachten Leistungen keinerlei Anhaltspunkte aus der Zeit vor Vertragsschluss vorhanden, oder nicht ergiebig, muss der Auftragnehmer im Nachhinein im Einzelnen darlegen, wie die erbrachten Leistungen unter Beibehaltung des Preisniveaus zu bewerten sind.

Kündigt der Auftraggeber den Bauvertrag „frei“, muss sich der Auftragnehmer auf seine Vergütung den Erwerb anrechnen lassen, der zweifelsfrei durch die Kündigung verursacht ist, d. h. ohne die Kündigung müsste der anderweitiger Erwerb ausgeblieben sein.

Vor allem sog. Füllaufträge können als anderweitige Verwendung der Arbeitskraft angesehen werden. Dies sind vor allem Aufträge, die der Auftragnehmer aufgrund der durch die Kündigung freigewordenen Kapazitäten ersatzweise angenommen hat, oder die schon vorlagen, oder die nunmehr vorgezogen werden konnten, ohne dass dem Auftragnehmer hierdurch Verluste entstehen.

Eine Anrechnung durch das Vorziehen bereits vorliegender Aufträge hat nicht zu erfolgen, wenn die dadurch entstehenden späteren Auftragslücken nicht ihrerseits wieder durch Folgeaufträge aufgefüllt werden können.

Nach Vertragsschluss hat der Auftragnehmer den Auftraggeber auf Lücken und Unklarheiten im Leistungsverzeichnis hinzuweisen.

Soweit der Auftragnehmer seine Aufklärungspflicht schuldhaft verletzt, hat der Auftraggeber einen Anspruch auf Ersatz des hieraus entstandenen Schadens. Gleichzeitig scheidet ein Annahmeverzug des Auftraggebers aus (IBRRS 2022, 2403; BGB a.F. § 649 Satz 2; BGB §§ 280642648 Satz 2; VOB/B § 4 Abs. 1, 3, § 5 Abs. 4, § 6 Abs. 6, § 8 Abs. 1 Nr. 2; OLG Dresden, Urteil vom 29.06.2022 – 22 U 1689/20; vorhergehend: LG Dresden, 16.07.2020 – 10 O 424/15).

Kostenerstattung auch ohne Kündigung bei Mängeln vor Abnahme  0

Die Leistung ist als mangelhaft einzustufen, soweit der Auftragnehmer ein anderes als das vertraglich vereinbarte Baumaterial verwendet.

Der Anspruch auf Ersatz der Kosten der ordnungsgemäßen Bauherstellung durch einen Dritten wegen eines Mangels vor Abnahme setzt voraus, dass
– die Leistung als mangelhaft erkannt wurde und der Auftragnehmer seiner Pflicht zur Mangelbeseitigung nicht nachgekommen ist,
– eine dem Auftragnehmer zur Mangelbeseitigung gesetzte angemessene Frist ungenutzt verstrichen ist,
– dem Auftragnehmer die Kündigung angedroht wurde und
– der Auftraggeber nach ungenutztem Fristablauf der zur Mangelbeseitigung gesetzten Frist die Kündigung des Vertrags erklärt hat.

Einer Kündigung bedarf es nicht, wenn der Auftragnehmer die vertragsgerechte Fertigstellung endgültig verweigert (BGH, IBR 2009, 14) ( IBRRS 2022, 1455 ; VOB/B § 4 Abs. 7, § 8 Abs. 3;
OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.08.2021 – 11 U 226/20
vorhergehend: OLG Brandenburg, Beschluss vom 02.06.2021 – 11 U 226/20; LG Neuruppin, 30.09.2020 – 6 O 56/18
nachfolgend: BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 827/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen).

Kündigung eines Mietverhältnisses wegen Unterbringung einer Au-Pair-Hilfe  0

Die Absicht des Vermieters, die vermietete Wohnung als Schlafstatt für künftig zu beschäftigende Au- Pairs zu nutzen, ist kein ausreichender Grund für eine Beendigung des Mietverhältnisses.

Jedenfalls ist eine Kündigung wegen der Beherbergung eines Au-Pair dann nicht zulässig, soweit die konkrete Person, für die der Bedarf angemeldet wird, noch nicht konkretisiert ist, oder vermieterseits gar nicht mehr beschäftigt wird (IBRRS 2022, 1210; BGB § 573 Abs. 1, 2; AG Kreuzberg, Urteil vom 03.02.2022 – 23 C 196/21).

Kein Hilfsmittel gegen eigene Vertragsklauseln  0

Die Vorschrift des § 634a BGB zur Verjährung der Mängelansprüche ist abdingbar. Die Parteien eines Generalplanervertrags können daher vertraglich eine Sonderregelung bezüglich des Verjährungsbeginns vereinbaren.

Soweit der Generalplanervertrag eine Regelung enthält, wonach der Verjährungsbeginn an die letzte Vertragsleistung anknüpft, und wird der Vertrag gekündigt, so ist die letzte Leistung diejenige, die unmittelbar vor Ausspruch der Kündigung erbracht wurde.

Hat der Auftraggeber den Generalplanervertrag selbst gestellt, so kann sich dieser in Bezug auf Planungsleistungen nicht darauf berufen, dass die Verjährungsfrist für Mängelansprüche zu seinen Lasten unzumutbar verkürzt wurde (IBRRS 2022, 0881; BGB §§ 187634a; LG Bonn, Urteil vom 26.05.2021 – 1 O 5/20).