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Verstoß gegen anerkannte Regeln der Technik bei Unterschreitung der Mindestvorgaben der DIN 18015-2   0

Wenn und soweit die Vertragsparteien keine abweichende Vereinbarung getroffen haben, hat die Planungsleistung eines Ingenieurs den anerkannten Regeln der Technik zu entsprechen.

Bei den Anerkannten Regeln der Technik handelt es sich um technischen Regeln, die für den Entwurf und die Ausführung baulicher Anlagen, die in der technischen Wissenschaft als theoretisch richtig erkannt werden und feststehen und welche insbesondere in dem Kreise der für die Anwendung der betreffenden Regeln maßgeblichen, nach dem neuesten Erkenntnisstand vorgebildeten, Techniker durchweg bekannt und wegen deren fortdauernder praktischer Erfahrung als technisch geeignet, angemessen und notwendig, anerkannt sind.

Anerkannte Regeln der Technik können in DIN- Normen zum Ausdruck kommen, wobei DIN- Normen keine Rechtnormen sind, sondern lediglich als private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter zu qualifizieren sind.

Die DIN 18015-2, welche sich auf elektrische Anlagen in Wohngebäuden – Teil 2: Art und Umfang der Mindestausstattung bezieht, ist von ihrem Regelungsgehalt her nicht geeignet, die Vermutungswirkung, allgemein anerkannte Regel der Technik zu sein, für sich in Anspruch zu nehmen (IBRRS 2023, 0866; BGB §§ 280633634; HOAI 2013 § 53; OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.02.2023 – 5 U 227/21; vorhergehend: LG Düsseldorf, 14.10.2021 – 11 O 175/18).

Der Ingenieur hat so zu planen, dass die Bauleistung funktionstauglich ist  0

Der Ingenieur schuldet eine vertragsgerechte und den Regeln der Technik entsprechende funktionstüchtige Planung. Die Planung muss darauf ausgerichtet sein, dem vertraglich vorausgesetzten Gebrauch gerecht zu werden.

Die zu errichtende Abwasseranlage hat korrosionsbeständig zu sein, damit die Planung nicht als mangelhaft gilt.

Der Ingenieur hat auf Bedenken hinzuweisen, sofern dieser die Ungeeignetheit der bindenden Vorgaben des Auftraggebers erkennt. Davon abgesehen hat der Ingenieur auch auf vom Auftraggeber unerkannte Risiken bezüglich der Vorgaben und Vorleistungen hinzuweisen, soweit eine Gefährdung der eigenen Leistung denkbar ist ((IBRRS 2022, 0818; BGB §§ 242633634 Nr. 3, 4, § 637 Abs. 3; HOAI 2009 § 42; OLG Brandenburg, Urteil vom 10.02.2022 – 12 U 28/21; vorhergehend: LG Frankfurt/Oder, 15.01.2021 – 12 O 160/19).

Mehraufwand des Architekts/Ingenieurs bedeutet nicht mehr Honorar  0

Soweit ein Architekt oder Ingenieur wegen „Zusatzwünschen“ des Auftraggebers ein zusätzliches Honorar beansprucht, hat dieser darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, welche Zusatzleistungen aufgrund der Sonderwünsche geleistet wurden und wie das aus diesem Grund beanspruchte Mehrhonorar berechnet wurde.


Anspruch auf Sicherungshypothek erlischt bei Verkauf des Grundstücks  0

Zwecks Sicherung des Honoraranspruchs haben planende Architekten und Ingenieuren einen Anspruch auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek. Insoweit erstreckt sich die Eintragung auf das Grundstück des Auftraggebers.

Mit der Veräußerung des Grundstücks erlischt der Sicherungsanspruch allerdings, soweit keinerlei Vormerkung eingetragen war (IBRRS 2021, 1994; BGB a.F. § 648; BGB § 631 Abs. 1, §§ 648650e; HOAI 2009 § 15 Abs. 1; OLG Frankfurt, Urteil vom 02.07.2018 – 29 U 10/17; vorhergehend: LG Frankfurt/Main, 29.12.2016 – 32 O 87/15; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 10.02.2021 – VII ZR 144/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Kühlung soll kühlen  0

Soweit mit der geplanten Rückkühlleistung die Abwärme der Kühlanlage nicht vollständig abgeführt werden kann, ist die Leistung des mit der Fachplanung eines Rückkühlsystems beauftragten Ingenieurs ist mangelhaft.

Soweit sich der Planungsmangel bereits im errichteten Rückkühlsystem realisiert hat, ist die Fristsetzung zur Mängelbeseitigung entbehrlich (IBRRS 2021, 2026; BGB § 280 Abs. 1, §§ 633634 Nr. 2, § 637; OLG Frankfurt, Urteil vom 05.06.2020 – 29 U 67/19; vorhergehend: OLG Frankfurt, 11.02.2020 – 29 U 67/19
LG Wiesbaden, 03.04.2019 – 5 O 47/18; nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 24.02.2021 – VII ZR 100/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Bauoberleiter hat Bauleistungen und Baumaterialien zu überprüfen  0

Soweit ein Ingenieur mit der „Bauoberleitung“ beauftragt wird, hat dieser nicht nur die Arbeitsergebnisse der Bauunternehmen zu überprüfen, sondern auch die angelieferten Baumaterialien, jedenfalls, wenn etwaige Mängel nach deren Einbau nur mit großem Aufwand beseitigt werden können.

Soweit die örtliche Bauüberwachung und die Bauoberleitung getrennt vergeben werden, hat die Bauoberleitung auch die Aufsicht über die örtliche Bauüberwachung (IBRRS 2021, 1847; BGB a.F. § 649; BGB § 254 Abs. 1, § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1, §§ 633634 Nr. 4, §§ 636648; HOAI 2002 § 4 Abs. 3, §§ 5155, OLG Naumburg, Urteil vom 26.03.2019 – 12 U 109/18; vorhergehend: LG Halle, 11.09.2018 – 8 O 105/08 nachfolgend: BGH, Beschluss vom 10.02.2021 – VII ZR 98/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Verjährung beginnt mit Übergang des Vertrags in Abrechnungsverhältnis  0

Auch ohne Abnahme kann der Auftraggeber Mängelrechte geltend machen, soweit dieser die Erfüllung des Vertrags nicht mehr verlangen kann und das Vertragsverhältnis sich in ein Abrechnungsverhältnis umgewandelt hat.

Ein Abrechnungsverhältnis statt eines Vertragsverhältnis liegt dann vor, soweit der Auftraggeber gegenüber dem Architekten oder dem Ingenieur lediglich noch Schadenersatz in Form des kleinen Schadenersatzes statt der Leistung geltend macht, oder die Minderung des Honorars erklärt.

Die Verjährung beginnt bereits mit der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen seitens des Auftraggebers, soweit das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergeht. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Auftraggeber Kenntnis von den Mängel hat (IBRRS 2021, 1535; OLG Dresden, Urteil vom 05.06.2020 – 12 U 358/18).

Zur Verjährungsfrist wegen Mängeln eines Gutachtens über Bausubstanz  0

Soweit ein Architekt oder Ingenieur mit einer feststellenden Bestandsaufnahme eines aus Grund und aufstehender Altbebauung bestehenden Grundstücks beauftragt wird, um dem Auftraggeber eine Entscheidungsgrundlage für den Grundstückserwerb zu schaffen, stellt das Gutachten keinerlei Werk dar, dessen Erfolg die Erbringung von Planungs- und Überwachungsleistungen für ein Bauwerk beinhaltet.

Ansprüche wegen Mängeln eines solchen Gutachtens verjähren bereits in zwei Jahren ab Abnahme und nicht erst in fünf Jahren (IBRRS 2021, 0818; BGB §§ 633634a Abs. 1 Nr. 2; OLG Frankfurt, Urteil vom 28.02.2020 – 24 U 36/19; vorhergehend: LG Darmstadt, 22.11.2018 – 9 O 37/13; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 04.11.2020 – VII ZR 54/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Keine fiktive Abrechnung bei Beseitigung von Mangelfolgeschäden  0

Soweit die Planung des beauftragten Auftragnehmers nicht die erforderliche Anzahl von Notüberläufen enthält und die vorhandenen Dachabläufe mit Fasern der von diesem eingebauten Dachschweißbahnen verstopft sind, ist die Leistung der Dachsanierung mangelhaft.

Die Leistung des Auftragnehmers beruht auf einem schuldhaften Verhalten, soweit dieser im Rahmen der Auftragsabwicklung gegen DIN- Normen verstößt, mit der Folge, dass dieser auch für Mangelfolgeschäden haftet.

Der Anspruch auf Ersatz von Mangelfolgeschäden, zu welchen auch entgangene Mieteinnahmen gehören, setzt keinerlei Fristsetzung zur Mangelbeseitigung voraus.

Die Kosten für die Beseitigung von Mangelfolgeschäden sind nicht (mehr) fiktiv abrechenbar (Anschluss an BGH, IBR 2018, 196).

Ein etwaiges Verschulden des mit der Bauleitung und Bauüberwachung beauftragten Architekten, oder Ingenieurs, braucht sich der Auftraggeber nicht anspruchsmindernd zurechnen lassen (IBRRS 2021, 0518; BGB §§ 254280633634 Nr. 4, OLG Oldenburg, Urteil vom 20.11.2018 – 2 U 37/17; vorhergehend: LG Oldenburg, 27.04.2017 – 9 O 1775/12; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 16.12.2020 – VII ZR 263/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Die HOAI ist auch zwischen Privatpersonen nicht weiter anwendbar  0

Die Parteien eines Architektenvertrags konnten eine Honorarvereinbarung nur im Rahmen der durch die HOAI festgesetzten Mindest- und Höchstsätze treffen. Im Falle von den Mindestsatz unterschreitenden Vereinbarungen konnte der Architekt oder Ingenieur daher im Regelfall die Mindestsätze verlangen.

Durch Urteil vom 04.07.2019 (IBR 2019, 436) hat der EuGH nunmehr festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland durch die Beibehaltung verbindlicher Honorare für Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren gegen Europarecht verstoßen hat.

Aus der Feststellung des Vertragsverstoßes folgt für den verurteilten Mitgliedstaat die Pflicht, den Verstoß zu beenden. Diese Pflicht trifft sämtliche Stellen des verurteilten Staats, also auch die Gerichte. Hieraus folgt, dass das Preisrahmenrecht der HOAI nicht mehr angewendet werden darf (IBRRS 2019, 2957; AEUV Art. 260 Abs. 1; HOAI 2009 § 7 Abs. 1; Richtlinie 2006/123/EG Art. 15 Abs. 1, 2, 3; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.09.2019 – 23 U 155/18
vorhergehend: LG Düsseldorf, 28.08.2018 – 7 O 17/16).