Posts for Tag : Grundsätze von Treu und Glauben

Zur Duldungspflicht des Mieters für umfangreiche Umbaumaßnahmen des Vermieters  0

Mit der Durchführung umfangreicher Umbaumaßnahmen im Gebäude, die mit ganz erheblichen Beeinträchtigungen für den Mieter durch Lärm, Erschütterungen, Staub und sonstigen Immissionen verbunden sind, kann der Vermieter das Recht des Mieters zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache verletzen und zugleich dessen Besitz an der Mietsache durch verbotene Eigenmacht stören.

Weitreichende Umbaumaßnahmen, die allein auf einer beabsichtigten Änderung des Nutzungszwecks seitens des Vermieters beruhen, aber nicht einer Modernisierung oder nach objektiven Kriterien zu beurteilenden Verbesserung des Gebäudes dienen, hat der Mieter auch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nur dann zu dulden, wenn für den Vermieter anderenfalls die Wirtschaftlichkeit des Grundbesitzes gefährdet wäre.

Seinen Unterlassungsanspruch kann der Mieter auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen (IBRRS 2019, 1040;
BGB § 535 Abs. 1, §§ 858862 Abs. 1 Satz 1, 2; ZPO § 940;
OLG Frankfurt, Urteil vom 12.03.2019 – 2 U 3/19 (nicht rechtskräftig; vorhergehend: LG Frankfurt/Main, 08.01.2019 – 2-28 O 246/18).

Kündigung muss nicht in jedem Fall gegenüber allen Mietern erklärt werden.  0

Generell gilt der Grundsatz der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses. Daher sind die gegenüber den Mietern abzugebende Erklärungen, somit auch die Kündigung, allen Mietern gegenüber abzugeben. Schließlich bilden diese alle zusammen die Mieterseite.

 

Dieser Grundsatz gilt jedoch ausnahmsweise dann nicht, wenn im Einzelfall das Festhalten an dem Erfordernis unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben überspitzt formalistisch wäre.

 

Dies ist z. B. dann anzunehmen, wenn die Mitmieter die Wohnung seit Jahren endgültig verlassen, bzw. aufgegeben haben, ohne dies dem Vermieter mitzuteilen und ihre neue Anschrift anzugeben.

 

Anerkannt ist, dass in der Erhebung der Räumungsklage eine konkludente Kündigungserklärung liegt, wenn mit hinreichender Deutlichkeit der Wille der Klagepartei zu entnehmen ist, die Prozesshandlung solle nicht lediglich der Durchsetzung einer bereits außergerichtlich erklärten Kündigung dienen, sondern daneben auch eine materiell rechtliche Willenserklärung enthalten.

 

Letzteres ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Klageschrift konkret auf eine bestimmte Kündigung Bezug nimmt und eine Kopie der Kündigungerklärung als Anlage beigefügt ist.

Unerheblich ist das Fehlen der Originalunterschrift in dieser Anlage dann, wenn jedenfalls die Klageschrift die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten enthält, der regelmäßig auch zu einer materiell rechtlichen Willenserklärung, die im Zusammenhang mit dem Streitgegenstand steht und dem Klagebegehren zum Erfolg verhelfen soll, bevollmächtigt ist (IMRRS 2018, 0820; BGB § 130 Abs. 1 Satz 1, §§ 242280286546 Abs. 2, § 568LG Frankfurt/Main, Urteil vom 11.06.2018 – 2-11 S 9/18, vorhergehend: AG Frankfurt/Main, 01.12.2017 – 33 C 2525/17).