Posts for Tag : Erfüllung

Auftraggeber kann bei Terminüberschreitung vor Fristablauf kündigen  0

  1. Die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Einhaltung des Fertigstellungstermins und zur Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe bei schuldhafter Terminüberschreitung entfällt nicht durch einen kurzfristigen Zahlungsverzug des Auftraggebers.
  2. Eine Fertigstellungfrist ist dann angemessen, wenn die Mängel während deren Dauer unter größten Anstrengungen des Auftragnehmers beseitigt werden können. Die Frist hat hingegen nicht den Zweck, den Auftragnehmer in die Lage zu versetzen, nun erst die Bewirkung seiner Leistung in die Wege zu leiten, sondern vielmehr soll diese dem Auftragnehmer eine letzte Gelegenheit geben, die Erfüllung zu vollenden.
  3. Der im Verzug befindliche Auftragnehmer muss die Arbeiten innerhalb einer Frist erbringen, in der die Fertigstellung unter größten Anstrengungen möglich ist, was eine erhebliche Erhöhung der Zahl der Arbeitskräfte, der täglichen Arbeitsstunden bis hin zu Doppelschichten und Samstagsarbeit zur Folge haben kann.
  4. Die Entziehung des Auftrags (Kündigung) setzt grundsätzlich voraus, dass die gesetzte Frist tatsächlich fruchtlos abgelaufen ist. Wenn aber aufgrund der Umstände feststeht, dass die gesetzte Frist nicht eingehalten wird, ist der Auftraggeber auch vor Ablauf berechtigt, die außerordentliche Kündigung auszusprechen (IBRRS 2022, 2575; § 286 II BGB; § 5 Abs. 4,§§ 8, 11 VOB/B; OLG Frankfurt, Urteil vom 18.02.2021 – 22 U 103/19; vorhergehend: LG Darmstadt, 01.01.2019 – 19 O 21/13).

Kostentragung bei Erledigung im Räumungsverfahren  0

Ein allgemeiner Grundsatz, wonach die Kosten stets der Partei aufzuerlegen sind, die sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begibt, ist nicht anzuerkennen.

Die Erfüllung einer Räumungs- und Herausgabeverpflichtung ist nicht mit der Erfüllung einer Geldforderung gleichzusetzen.

Aus der Rückgabe einer Wohnung können keine Rückschlüsse darauf gezogen werden, ob der ausziehende Mieter vom Bestehen des Räumungsanspruchs bzw. der Wirksamkeit der Kündigung des Mietvertrags ausgeht (IBRRS 2021, 2062; ZPO §§ 91a9397574; LG Schweinfurt, Beschluss vom 21.06.2021 – 11 T 61/21; vorhergehend: AG Schweinfurt, Beschluss vom 16.04.2021 – 10 C 1106/20).

Bei verweigerter Abnahme kann der Unternehmer direkt auf Zahlung klagen  0

Verweigert der Werkbesteller die Abnahme ohne Rechtsgrund, kann der Auftragnehmer im Falle der Abnahmereife unmittelbar auf Zahlung des Werklohns klagen. Der Zahlungsantrag beinhaltet in diesem Fall ein konkludentes Abnahmeverlangen (IBRRS 2021, 2098; BGB §§ 640641; OLG Nürnberg, Beschluss vom 17.05.2021 – 13 U 365/21; vorhergehend: LG Nürnberg-Fürth, 18.12.2020 – 1 O 6623/19).

Architekt darf nachbessern, solange Planungsmangel noch nicht im Bauwerk verkörpert  0

Die Frage, wie die Architektenleistung abzurechnen ist, soweit Teilleistungen nicht oder nicht vollständig erbracht sind, richtet nach den Vorschriften des Werkvertragsrechts und nicht nach der HOAI, wobei der Honoraranspruch ganz, oder teilweise, entfällt, soweit der Tatbestand einer Regelung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts, oder des werkvertraglichen Gewährleistungsrechts erfüllt ist. Letzteres sieht den Verlust, oder die Minderung der Honorarforderung als Rechtsfolge vor.

Soweit ein auf die Erstattung von Mehrkosten gerichteter Gewährleistungsanspruch besteht, um den Auftraggeber wirtschaftlich in die Lage zu versetzen, in der er sich infolge ordnungsgemäßer Erfüllung befunden hätte, führt dies gleichzeitig dazu, dass auch das volle Honorar für die vollständige und mangelfreie Architektenleistung geschuldet wird.

Der Architekt schuldet Schadensersatz neben der Leistung und dieser hat im Grundsatz kein Mängelbeseitigungsrecht, wegen Mängeln seiner Planungs- oder Überwachungsleistungen, die sich schon im Bauwerk realisiert haben.

Sofern sich der Auftraggeber darauf beruft, dass wegen der Mängel der Planung bezüglich der Grundleitung eine geänderte Planung habe erstellt werden müssen, welche Kosten verursacht habe, geht es nicht um die Beseitigung vermeintlicher Mängel am Bauwerk, sondern um die dem Architekten in Auftrag gegebenen Planung (IBRRS 2021, 1943; BGB §§ 280281633634 Nr. 4, § 636; OLG Hamm, Beschluss vom 22.09.2020 – 21 U 92/19; vorhergehend: OLG Hamm, 26.08.2020 – 21 U 92/19; LG Hagen, 09.07.2019 – 9 O 200/17; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 11.02.2021 – VII ZR 167/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen)

Trotz unterschriebenem Abnahmeprotokoll keine Abnahme  0

Anspruch auf Abnahme besteht, sobald der Auftragnehmer seine Leistung abnahmereif erbracht hat. Ist die Leistung vollständig und ohne wesentliche Mängel erbracht, liegt Abnahmereife vor.

Dem Auftraggeber ist es nicht zumutbar, die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung anzunehmen und sich auf Mängelrechte verweisen zu lassen, wenn wesentliche Mängel vorliegen. Dies ist nach Art und Umfang des Mangels, seiner konkreten Auswirkung, sowie nach den Umständen des Einzelfalls unter Abwägung der beiderseitigen Interessen einzuschätzen. Maßgeblich ist auch die Bedeutung des Mangels für die Gebrauchstauglichkeit.

Für die Frage, ob Abnahmereife vorliegt, kommt es auf die objektive Rechtslage im Zeitpunkt des Abnahmeverlangens, oder der Übergabe der Leistung an den Auftraggeber an, nicht aber darauf, welche Mängel zu diesem Zeitpunkt bereits konkret gerügt worden sind.

An einer Abnahme kann es sogar dann fehlen, wenn der Auftraggeber das Abnahmeprotokoll unterschrieben hat (IBRRS 2020, 2965; BGB §§ 133157640; OLG München, Beschluss vom 18.03.2019 – 28 U 3311/18 Bau; vorhergehend: OLG München, Beschluss vom 07.02.2019 – 28 U 3311/18 Bau; LG Traunstein, 17.08.2018 – 5 O 4386/16; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 20.04.2020 – VII ZR 68/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Die unberechtigte Einstellung der Arbeiten führt zum Verzug  0

Die Einstellung der Arbeiten ist der Extremfall der unzureichenden Ausstattung einer Baustelle mit Arbeitskräften. § 5 Abs. 3 VOB/B begründet auf das Verlangen des Auftraggebers eine Pflicht des Auftragnehmers zur Abhilfe des unzureichenden Baustelleneinsatzes. Der Auftragnehmer gerät mit der Abhilfepflicht in Verzug, wenn dieser der Verpflichtung trotz berechtigten Abhilfeverlangens nicht nachkommt.

Die unberechtigte Arbeitseinstellung des Auftragnehmers führt unter den weiteren Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 VOB/B zu einem Kündigungsrecht des Auftraggebers gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B.

Zwar steht grundsätzlich eine notwendige, aber fehlende Mitwirkung des Auftraggebers, z. B. in Form der Übergabe einer Statik, einem Verzug des Auftragnehmers entgegen. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Auftragnehmer seine Leistung von der Erfüllung nicht bestehender Gegenrechte abhängig macht, z. B in Form der Geltendmachung einer unberechtigte Forderung auf Abschlagszahlung und deshalb unabhängig von der Mitwirkung des Auftraggebers seine Leistung verweigert.

Haben die Parteien eines Bauvertrags neben einem Zahlungsplan, der sich allein an Daten orientiert, einen Bauzeitenplan vereinbart, ist der Bauzeitenplan im Zweifel Geschäftsgrundlage des Zahlungsplans. Dann haben die Parteien keine Zahlungen unabhängig vom Baufortschritt, sondern Abschlagszahlungen vereinbart, die sich nach den vereinbarten Fälligkeitszeitpunkten und dem zu diesen Zeitpunkten nach dem Bauzeitenplan erwarteten Baufortschritt richten.

Ein Leistungsverweigerungsrecht oder Kündigungsrecht des Auftragnehmers wegen fehlender Bauhandwerkersicherung nach § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB a.F. steht dem bereits eingetretenen Verzug mit der Abhilfepflicht nach § 5 Abs. 3 VOB/B durch die Arbeitseinstellung des Auftragnehmers und einem daraus entstehenden Kündigungsrecht des Auftraggebers entgegen, soweit der Auftragnehmer seine eigene Leistung Zug um Zug gegen das Bewirken der Bauhandwerkersicherung anbietet.

Der Verzug des Auftragnehmers und folglich das Kündigungsrecht des Auftraggebers bestehen weiter, soweit der Auftragnehmer die Fertigstellung der Werkleistung neben der Erfüllung seines Anspruchs auf Bauhandwerkersicherung von der Zahlung weiterer, vertraglich nicht geschuldeter Abschläge, abhängig macht (IBRRS 2020, 1866; BGB §§ 273286648a Abs. 5 Satz 1, § 650f Abs. 5 Satz 1; VOB/B § 5 Abs. 3; OLG Stuttgart, Urteil vom 16.03.2020 – 10 U 294/19
vorhergehend: LG Stuttgart, 24.05.2019 – 15 O 158/17).

Fristsetzung ohne Angabe eines bestimmten Endtermins zulässig  0

Bei der Beurteilung, ob eine vom Käufer zur Nacherfüllung bestimmte Frist angemessen ist, ist in den Grenzen des § 475 Abs. 1 BGB zunächst eine Vereinbarung der Parteien maßgeblich (Fortführung von BGH, Urteil vom 06.02.1954 – II ZR 176/53, BGHZ 12, 267, 269 f.).

 

Für eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nach § 323 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB genügt es, wenn der Gläubiger durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung, oder durch vergleichbare Formulierungen, z. B. ein Verlangen nach schneller Behebung gerügter Mängel, deutlich macht, dass dem Schuldner für die Erfüllung nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung steht.

 

Der Angabe eines bestimmten Zeitraums oder eines bestimmten Endtermins bedarf es nicht (Fortführung von BGH, Urteile vom 12.08.2009 – VIII ZR 254/08, IBR 2009, 644 = NJW 2009, 3153; vom 18.03.2015 – VIII ZR 176/14, IBR 2015, 330 = NJW 2015, 2564). Ergibt sich dabei aus den Gesamtumständen, dass ein ernsthaftes Nacherfüllungsverlangen vorliegt, ist dem eine Formulierung als  Bitte nicht abträglich.

 

Hinsichtlich der Beurteilung der Frage, ob die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, sind sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Zuverlässigkeit des Verkäufers, insebesondere der Umstand, dass der Verkäufer bereits bei dem ersten Erfüllungsversuch, also bei Übergabe, einen erheblichen Mangel an fachlicher Kompetenz hat erkennen lassen und das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nachhaltig gestört ist (Bestätigung von BGH, Urteil vom 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, NJW 2015, 1669; BGH, Urteil vom 13.07.2016 – VIII ZR 49/15).