Posts for Tag : Bauvertrag

Auch die Ersatzvornahme hat Grenzen  0

Verlangt der Auftraggeber Schadenersatz wegen Nichterfüllung des mit dem Auftragnehmer abgeschlossenen Bauvertrags, ist zwischen den Kosten der Fertigstellung und den Kosten der Mängelbeseitigung zu unterscheiden. Dies, da Ansprüche auf Schadenersatz wegen Mängeln eine vorherige Fristsetzung und den erfolglosen Ablauf dieser Frist voraussetzen.

Nach der Kündigung des Auftraggebers ist der Auftragnehmer zur Mängelbeseitigung verpflichtet, bzw. berechtigt. Daher hat der Auftraggeber nach der Vertragskündigung und vor der Abnahme dem Auftragnehmer eine Frist zur Nacherfüllung zu setzen.

Nach der Kündigung des Bauvertrags hat der Auftragnehmer seinen Werklohn abzurechnen und darzulegen, berechtigt zu sein, erhaltene Abschlagszahlungen zu behalten. Wird eine solche Abrechnung vom Auftragnehmer nicht vor, kann diese auch vom Auftraggeber erstellt werden, um dadurch einen Anspruch auf Überzahlung zu generieren.

Für die schlüssige Darlegung des Anspruchs auf Rückzahlung des Überschusses genügt es nicht, auf die nicht erfolgte Abrechnung des Auftragnehmers hinzuweisen. Vielmehr hat der Auftraggeber seine Abrechnung mit den diesem zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen darzulegen (IBRRS 2020, 2909; BGB §§ 280, 281, 314, 323, 631, 633, 634 Nr. 4, §§ 649, 812 Abs. 1; VOB/B § 8 Abs. 3 Nr. 1; OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.01.2018 – 21 U 11/17; vorhergehend: LG Wuppertal, 23.12.2016 – 17 O 385/14
nachfolgend: BGH, Beschluss vom 17.06.2020 – VII ZR 32/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)).

Kein Anspruch mehr auf Restvergütung, soweit Zahlungsverpflichtung vollständig erfüllt ist  0

Soweit der Auftraggeber die im Wesentlichen mangelfreie Leistung beanstandungsfrei in Benutzung nimmt, gilt diese nach Ablauf einer angemessenen Prüf- und Bewertungsfrist als schlüssig abgenommen.

Haben die Parteien eines Bauvertrags eine Vereinbarung geschlossen, wonach diese sich darüber einig sind, dass die Zahlungsverpflichtungen des Auftraggeber vollständig erfüllt sind, erlischt ein etwaiger Restvergütungsanspruch des Auftragnehmers (IBRRS 2020, 2277; BGB §§ 134138397631640812826; OLG Hamm, Urteil vom 10.04.2018 – 24 U 36/17; vorhergehend: LG Paderborn, 22.02.2017 – 4 O 95/16; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 15.04.2020 – VII ZR 128/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Kündigung des Bauvertrags ist Anwaltssache  0

Erteilt ein mit der Ausführungsplanung und Mitwirkung bei der Vergabe beauftragter Architekt (Leistungsphasen 5 bis 7) dem Bauherrn in einer unklaren Vertragssituation den Rat, ein konkretes Gestaltungsrecht, hier eine Kündigung auszusprechen, handelt es sich dabei um eine Rechtsdienstleitung im Sinne des § 2 RDG, die nur in dem gesetzlich zugelassen Umfang zulässig ist, § 3 RDG.

Hinsichtlich der Beurteilung der Frage, ob eine Rechtsdienstleistung eines Architekten nach § 5 Abs. 1 RDG als Nebenleistung zulässig ist, ist zu Gunsten des Architekten ein großzügiger Maßstab zugrundezulegen, nachdem Architektenleistungen in vielfacher Hinsicht Berührungen zu Rechtsdienstleistungen haben. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass, jedenfalls in einigen Leistungsphasen nach HOAI, Rechtsdienstleistungskompetenzen des Architekten als Teil ihres vertraglichen Pflichtenprogramms einzustufen sind.

Auch unter Zugrundlegung dieses großzügigen Maßstabs werden die Grenzen der erlaubten Nebenleistung spätestens dann verlassen, wenn der Architekt in Bezug auf die Geltendmachung konkreter Sekundärrechte im Außenverhältnis tätig wird. Hierbei handelt es sich in der Regel um komplexe Rechtsdienstleistungen, die häufig ein erhebliches Risikopotential für den Auftraggeber haben und damit den Angehörigen der rechtsberatenden Berufe vorbehalten bleiben (IBRRS 2020, 1778; BGB § 823 Abs. 2; HOAI § 3; RDG § 2 Abs. 1; OLG Koblenz, Beschluss vom 07.05.2020 – 3 U 2182/19).

Das Bausoll wird durch die Bemusterung bestimmt  0

Sind sich die Parteien eines Bauvertrags darüber einig, dass die zu verwendende Glasqualität und Oberflächenbeschaffenheit in einem Bemusterungsverfahren bestimmt werden soll, gelten die Eigenschaften der Probe, vorliegend Glasbauelemente aus Grünglas, als zugesichert.

Soweit der Auftraggeber eine von dieser Regel abweichende Absprache, nämlich Glaselemente aus Weißglas behauptet, ist dieser hierfür darlegungs- und beweisbelasted. Vorliegend konnte der Beweis nicht geführt werden.

Haben die Parteien eines VOB- Bauvertrags vor der Ausführung einer Nachtragsleistung keine Vereinbarung über die genaue Höhe des Preises getroffen, so hat der Auftragnehmer, soweit die Ausführung grundlegend geändert wurde, einen Anspruch auf eine angemessene und ortsübliche Vergütung (IBRRS 2020, 1604; BGB § 632 Abs. 2; VOB/B § 1 Abs. 3, § 2 Abs. 5, § 13 Abs. 2; OLG Naumburg, Urteil vom 04.04.2019 – 9 U 10/17; vorhergehend: LG Dessau-Roßlau, 30.12.2016 – 4 O 430/14; nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 26.02.2020 – VII ZR 89/19

Auftragnehmer oder lediglich Nachunternehmer?  0

Soweit der Auftraggeber Mängelansprüche geltend macht, trägt dieser die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass zwischen ihm und dem Auftragnehmer ein wirksamer (Bau-)Werkvertrag zu Stande gekommen ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Auftragnehmer auf der Baustelle tatsächlich Bauleistungen ausgeführt hat.

Sind Gewährleistungsansprüche streitig, trifft den Auftraggeber die Beweislast auch dafür, dass er den Auftragnehmer nicht nur unmittelbar, sondern im eigenen Namen beauftragt hat und Letzterer nicht lediglich als Nachunternehmer für einen anderen Unternehmer tätig geworden ist (IBRRS 2020, 1428; BGB §§ 145147633634; OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.03.2019 – 2 U 88/17; vorhergehend: LG Saarbrücken, 12.09.2017 – 3 O 5/17; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 29.01.2020 – VII ZR 73/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Kein Entfall von Prüf- und Hinweispflichten bei Kündigung  0

Für einen Mangel seiner Leistung haftet der Auftragnehmer auch dann, wenn die Mangelursache (auch) im Verantwortungsbereich des Auftraggebers liegt. Etwas anderes kann sich nur dann ergeben, wenn der Auftragnehmer die ihm obliegenden Prüf- und Bedenkenhinweispflichten erfüllt hat.

Erfolgt eine Teilkündigung durch den Auftraggeber des Bauvertrags und hat der gekündigte Leistungsteil auf die Mangelfreiheit des verbleibenden Werks evidenten Einfluss, ist der Auftragnehmer im Rahmen der ihm auch nach Vertragsschluss weiterhin obliegenden Obhuts-, Fürsorge- und Kooperationspflichten verpflichtet, den Auftraggeber zu informieren und ihm die Möglichkeit zu geben, den Mangeleintritt zu vermeiden.

Zwar ist die Hemmung der Verjährung innerhalb eines selbstständigen Beweisverfahrens für jeden Mangel einzeln zu prüfen. Werden wegen desselben Mangels jedoch mehrere Gutachten eingeholt, kommt es auf den Zugang und die Erläuterung des letzten Gutachtens an (IBRRS 2020, 0920;
BGB § 204 Abs. 1, 2, §§ 242280281633634 Nr. 4; VOB/B § 4 Abs. 3, § 8; LG Rostock, Urteil vom 22.11.2019 – 1 S 177/18
vorhergehend: AG Rostock, 23.10.2018 – 45 C 13/18

Bei gekündigtem Bauvertrag kein Werklohn ohne Abnahme  0

Der Werklohnanspruch des Auftragnehmers wird, soweit der Auftraggeber die Kündigung des Bauvertrags erklärt, nur fällig, wenn die Leistung entweder abgenommen wurde, oder ein Abrechnungsverhältnis gegeben ist.

Soweit der Auftraggeber im Anschluss an die Kündigung des Bauvertrags weiterhin die Beseitigung von (erheblichen) Mängeln verlangt, beinhaltet die Aufforderung, die Schlussrechnung zu übersenden, keinerlei konkludente Abnahmeerklärung.

Wenn eine förmliche Abnahme vereinbart wurde, ist die Möglichkeit einer fiktiven Abnahme ausgeschlossen,

Wenn sich in dem Zeitraum zwischen Ausführung der Arbeiten und der Abnahme die allgemein anerkannten Regeln der Technik ändern, schuldet der Auftragnehmer die Vertragsdurchführung entsprechend den zur Zeit der Abnahme geltenden Regeln (IBRRS 2020, 0784, BGB a.F. § 649; BGB § 631 Abs. 1, § 640; VOB/B §§ 121314;
OLG Hamm, Urteil vom 07.12.2017 – 17 U 187/15
vorhergehend: LG Detmold, 20.10.2015 – 9 O 49/14).

Keine Kündigung im Bauvertragsrecht ohne Abmahnung  0

Die Kündigungstatbestände der VOB/B enthalten keine abschließende Regelung. Über die in den §§ 8 und 9 VOB/B geregelten Fälle hinaus können beide Vertragsparteien den Bauvertrag kündigen, falls aufgrund eines schuldhaften Verhaltens des anderen Vertragspartners der Vertragszweck derart gefährdet ist, dass der vertragstreuen Partei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar geworden ist.

Die Kündigung eines Bauvertrags aus wichtigem Grund ist grundsätzlich erst dann zulässig, wenn der andere Vertragsteil nachdrücklich und unmissverständlich auf die Folgen einer weiteren Nichterfüllung der Vertragspflichten hingewiesen worden ist.

Einer Fristsetzung mit Kündigungsandrohung bzw. einer Abmahnung bedarf es ausnahmsweise nicht, wenn entweder eine solche Nachfristsetzung bzw. Androhung von vornherein keinen Erfolg verspricht, oder sich das Verhalten des Kündigungsgegners als eine besonders schwere Vertragsverletzung darstellt, die es dem Kündigenden unzumutbar macht, noch weiterhin mit dem Partner im Vertrag zu bleiben, bzw. den Ablauf einer durch die Abmahnung eröffneten, weiteren, Zeitspanne abzuwarten.

Eine unberechtigte Verweigerung des Ausgleichs von Abschlagsrechnungen kann einen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen.

Ist aber nur ein geringer Betrag zur Zahlung offen, ist der Auftragnehmer gehalten, sich vor einer fristlosen Kündigung um eine einvernehmliche Beilegung des Konflikts zu bemühen (IBRRS 2020, 0332; GB § 648a; VOB/B § 2 Abs. 5, 6, §§ 8914 Nr. 2 Satz 2; OLG Stuttgart, Urteil vom 31.01.2017 – 10 U 70/16;
vorhergehend: LG Heilbronn, 12.05.2016 – 21 O 93/08 KfH
nachfolgend: BGH, Beschluss vom 24.07.2019 – VII ZR 53/17 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Nichtigkeit des Bauvertrags wegen fehlendem Eintrag in der Handwerksrolle  0

Erbringt der Auftragnehmer Leistungen eines zulassungspflichtigen Handwerks, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein, hat dies nur dann die Nichtigkeit des geschlossenen Bauvertrags zur Folge, wenn der Auftraggeber den Verstoß des Auftragnehmers kennt und diesen bewusst zu seinem Vorteil ausnutzt.

Die Leistung gilt als vom Auftraggeber schlüssig (konkludent) abgenommen, wenn dessen Verhalten den Schluss rechtfertigt, dieser billige das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß. Abgesehen von der Ingebrauchnahme und Nutzung ist hierfür eine angemessenen Prüf- und Bewertungsfrist notwendig, deren Länge sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet.

Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Baumängeln setzt voraus, dass dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt wurde.

Einer Fristsetzung ist nicht erforderlich, wenn der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung ernsthaft und endgültig verweigert. Das bloße Bestreiten des Mangels oder des Anspruchs reicht insoweit nicht aus (IBRRS 2019, 3810; BGB § 134633 Abs. 1, § 634 Nr. 4, § 640; SchwArbG § 1 Abs. 2 Nr. 5, § 2 OLG Hamburg, Urteil vom 14.09.2018 – 11 U 138/17
vorhergehend: LG Hamburg, 22.06.2017 – 313 O 29/15;
nachfolgend: BGH, Beschluss vom 18.09.2019 – VII ZR 212/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Keine Haftung des Bürgen für Nachtragsforderungen  0

Der Haftungsumfang der Bürgschaft richtet sich nach dem Bürgschaftsvertrag. Dieser ist in der Regel regelmäßig in der Bürgschaftsurkunde niedergelegt.

Außerhalb der Bürgschaftsurkunde sind nur solche Umstände berücksichtigungsfähig, die dem Bürgen zumindest zur Zeit der Bürgschaftserklärung bekannt waren.

Erklärt der Bürge, sich für den Vergütungsanspruch aus einem bestimmten Bauvertrag verbürgt zu haben, ohne auf etwaige oder konkrete Nachtragsforderungen Bezug zu nehmen, werden diese von der Bürgschaft nicht umfasst.

Bei Gebühren und Nebenkosten handelt es sich um keinerlei Nachträge (IBRRS 2019, 2761; BGB a.F. § 648a; BGB §§ 133157650f766767 Abs. 1; OLG München, Urteil vom 11.07.2017 – 9 U 2437/16
vorhergehend: LG München I, Urteil vom 27.04.2016 – 2 O 13555/15; LG München I, 26.04.2015 – 2 O 13555/15