Posts for Tag : Abwägung

Haftung des Auftragnehmers (auch) für Planungsfehler, sofern keine Bedenken angemeldet worden sind  0

Ein Mangel wegen Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik ist dann zu bejahen, wenn ein Gefälle die maßgebenden Vorschriften für genutzte Terrassen um 0,9% unterschreitet.

Den Parteien steht es grundsätzlich frei, von den anerkannten Regel der Technik abzuweichen. Derartige Beschaffenheitsvereinbarung „nach unten“ sind wegen des damit einhergehenden Verzichts auf die übliche Beschaffenheit allerdings an strenge Anforderungen geknüpft. Eine Solche ist nur zu bejahen, soweit der Besteller das damit einher gehende Risiko kannte. Selbst der sachkundige Besteller ist umfassend über die Risiken und möglichen Folgen der Bauausführung aufzuklären.

Geschuldet wird in Sinne des Im Werkvertragsrechts ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk im Sinne einer Erfolgshaftung. Lässt das Werk die Funktionstauglichkeit vermissen, so gilt es auch dann nicht als mangelfrei, wenn es der Leistungsbeschreibung und der vereinbarten Ausführungsart ansonsten genügt.

Ein Mangel liegt auch dann vor, wenn die Ursache der fehlenden Funktionstauglichkeit auf die vom Besteller erstellte Planung zurückzuführen ist. Der Unternehmer kann sich allerdings von seiner Haftung befreien, sofern die Ursache der fehlenden Funktionstauglichkeit nicht in dessen Sphäre liegt. Dies ist der Fall, sofern der Unternehmer seinen Prüfungs- und Hinweispflichten nachgekommen ist, keine Hinweispflicht besteht, weil dieser die Ungeeignetheit der Planung bei der gebotenen Prüfung mit dem von ihm erwartenden Fachwissen nicht erkennen konnte, oder soweit im Einzelfall der unterlassene Hinweis sich unstreitig nicht ausgewirkt hat.

Die Kosten der Beseitigung eines Werkmangels sind unverhältnismäßig, sofern der damit in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg, oder Teilerfolg, bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalles in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten finanziellen Aufwands steht.

Dem Unternehmer sind seitens des Bestellers zuverlässige Pläne und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Bedient Letzterer sich für die ihm obliegenden Planungsaufgaben eines Architekten, ist dieser sein Erfüllungsgehilfe im Verhältnis zum Bauunternehmer, so dass der Besteller für das Verschulden des Architekten einstehen muss. für ein etwaiges Überwachungsverschulden des Architekten gilt dies jedoch nicht.

Die vollständige Ausführungsplanung setzt die zeichnerische Darstellung des Objekts mit sämtlichen für die Ausführung notwendigen Einzelangaben voraus, so dass auf Grundlage der ausführungsreifen Ausführungsplanung zunächst Leistungspositionen beschrieben und außerdem Mengen und Massen ermittelt werden können und in der Folge auch die Bauausführung durch einen Unternehmer realisierbar ist (IBRRS 2024, 3109; BGB §§ 254278422633634 Nr. 2, § 634 Abs. 3, § 637 Abs. 2, § 640 Abs. 3; OLG Brandenburg, Urteil vom 10.10.2024 – 10 U 80/23; vorhergehend: LG Neuruppin, 30.03.2023 – 1 O 265/14).

Mängelbeseitigung kann bei zu niedrigem Drempel unverhältnismäßig  0

Die Breite ist bei einer Dusche in einer Nische von elementarer Bedeutung für die Benutzung. Eine Abweichung zwischen Planung (87 cm lichte Breite) und Ausführung (79,4 cm lichte Breite) von ca. 10 % stellt sich folglich als so erheblich dar, dass diese nicht mehr im Rahmen bauüblicher Toleranzen liegt.

Wegen Unverhältnismäßigkeit kann der Unternehmer die Mängelbeseitigung verweigern, wenn bei Betrachtung des Einzelfalls ein objektiv geringes Interesse des Bestellers an einer mangelfreien Werkleistung einem ganz erheblichen und vergleichsweise exorbitanten Kostenaufwand gegenübersteht (hier bejaht für die Ausführung eines Drempels in 1,57 m Höhe statt der vereinbarten 1,70 m Höhe) (IBRRS 2024, 2619; BGB § 631 Abs. 1, §§ 633634 Nr. 1, § 635 Abs. 1, 3, 641 Abs. 3; OLG Schleswig, Urteil vom 03.07.2024 – 12 U 63/22; vorhergehend: LG Kiel, 19.04.2022 – 11 O 169/20).

Mangelbeseitigung unverhältnismäßig, soweit Funktionalität nicht spürbar beeinträchtigt  0

Soweit der Auftraggeber wegen eines Baumangels Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten fordert, kann der Auftragnehmer einwenden, die Aufwendungen zur Mängelbeseitigung seien unverhältnismäßig.

Insoweit gelten die Aufwendungen für die Mangelbeseitigung dann als unverhältnismäßig, soweit der in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielbare Erfolg bei Abwägung aller Umstände in keinerlei vernünftigem Verhältnis zur Höhe des dafür geltend gemachten Geldaufwands steht.

Die Unverhältnismäßigkeit ist in der Regel dann anzunehmen, wenn dem objektiv geringen Interesse des Auftraggebers an einer vollständig ordnungsgemäßen Vertragsleistung ein durchaus erheblicher und vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht.

Der Mängelbeseitigungsaufwand ist in der Regel dann nicht unverhältnismäßig, wenn der Auftraggeber ein objektiv berechtigtes Interesse an der ordnungsgemäßen Vertragserfüllung hat. Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn die Funktionsfähigkeit der Leistung offensichtlich beeinträchtigt ist.

Die Parteien können eine Schiedsgutachtenvereinbarung dahingehend vereinbaren, dass ein Sachverständiger das (Nicht-)Vorhandensein der vom Auftraggeber gerügten Mängel für die Parteien verbindlich festzustellen und gegebenenfalls die Mängelbeseitigungskosten zu ermitteln hat.

Soll der Schiedsgutachter auf Grund seiner besonderen Sachkunde lediglich das Vorhandensein von Mängeln feststellen, ist das Schiedsgutachten nur dann unverbindlich, wenn es offenbar unrichtig ist.

Offenbar unrichtig ist das Schiedsgutachten erst dann, wenn es den Grundsatz von Treu und Glauben in grober Weise verletzt und sich dessen Unrichtigkeit dem Blick eines sachkundigen und unbefangenen Beurteilers unmittelbar aufdrängen muss. Daran sind strenge Anforderungen zu stellen (BGB §§ 249251 Abs. 2 Satz 1, §§ 315317319633634635 Abs. 3; VOB/B § 13 Abs. 7; OLG Hamburg, Urteil vom 25.11.2020 – 8 U 18/20; vorhergehend: LG Hamburg, 25.11.2005 – 310 O 230/99).

Unterschreitung der anerkannten Regeln der Technik  0

Die Herstellung eines mangelfreien Werks setzt voraus, dass dieses die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht.

Üblicherweise verspricht der Auftragnehmer bei Vertragsschluss konkludent die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Daher liegt ein Mangel vor, soweit die Werkleistung diesen Erfordernissen nicht entspricht.

Beabsichtigt der Auftragnehmer, die anerkannten Regeln der Technik mit der geplanten Art der Ausführung zu unterschreiten, hat er den Auftraggeber, wenn dieser die Unterschreitung nicht aus eigener Fachkunde erkennen kann, darauf ausdrücklich hinzuweisen.

Eine unverhältnismäßige Mängelbeseitigung ist dann zu bejahen, soweit das Beharren auf einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung unter Berücksichtigung des objektiven Interesses des Auftraggebers an der ordnungsgemäßen Erfüllung unter Abwägung aller Umstände im Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt (IBRRS 2021, 1359; BGB §§ 242280633634 Nr. 4, § 637 Abs. 3; VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 1; OLG Brandenburg, Urteil vom 09.07.2020 – 12 U 76/19; vorhergehend: LG Frankfurt/Oder, 03.05.2019 – 16 O 12/18).

Bei Protesten gegen den Verkauf eines Mietobjekts rechtfertigen diese keinerlei Kündigung  0

Ob ein Mietverhältnis über Wohnraum vorliegt, bestimmt sich nach dem Zweck , welchen der Mieter mit der Anmietung vertragsgemäß verfolgt. Geht der Zweck des Vertrags dahin, dass der Mieter die Räume weitervermietet, oder sonst Dritten – auch zu Wohnzwecken – überlässt, sind die Vorschriften des Wohnraummietrechts auf das (Haupt-)Mietverhältnis nicht anwendbar. Maßgeblich ist mithin, ob der Mieter die Räume nach dem Vertrag zu eigenen Wohnzwecken anmietet.

Eine juristische Person, wie z. B. ein bürgerlich- rechtlicher Verein, kann keinen eigenen Wohnbedarf haben.

Die Parteien eines Gewerberaummietvertrags können, auch konkludent, vereinbaren, dass auf den Mietvertrag das Wohnraummietrecht Anwendung finden soll.

Dies ist zu bejahen, wenn der Vertrag die Überschrift „Wohnraummietvertrag“ trägt, in der Beschreibung des Mietgegenstands vertraglich die Vermietung einer 13- Zimmerwohnung zu Wohnzwecken vorsieht und der Vertrag sich ausschließlich auf das Wohnungsmietrecht und die Nutzung der Räume als Wohnung bezieht.

Zudem ist zu berücksichtigen, wenn die Parteien das Mietverhältnis als Wohnraummietverhältnis behandeln. Dies kann sich etwa darin zeigen, dass der Vermieter vom Mieter die Zustimmung zu Mieterhöhungen unter Bezugnahme auf den Cottbuser Mietspiegel verlangt und sich dabei ausdrücklich auf Vorschriften aus dem Wohnraummietrecht (§ 558 BGB) bezieht.

Das Recht zur fristlosen Kündigung kann für eine Mietvertragspartei gemäß § 543 Abs. 1 BGB bestehen, wenn infolge des Verhaltens des anderen Vertragsteils die Durchführung des Vertrages wegen der Zerstörung der das Schuldverhältnis tragenden Vertrauensgrundlage derart gefährdet ist, dass dem Kündigenden unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses, selbst bei Anlegung eines strengen Maßstabes nicht mehr zumutbar ist.

Es stellt eine freie Meinungsäußerung dar, wenn der Mieter die Öffentlichkeit auf die Erhaltenswürdigkeit des Wohnprojektes aufmerksam machen möchte. Der Grundrechtsschutz umfasst auch die Art und Weise einer Meinungsäußerung.

Allerdings muss sich der Mieter in diesem Zusammenhang Handlungen Dritter nicht ohne Weiteres zurechnen lassen. Vielmehr ist eine Feststellung erforderlich, dass den Mieter ein Verschulden trifft. Eine bloße „Stimmungsmache“ genügt für die Zurechnung von Handlungen Dritter jedenfalls nicht (IBRRS 2021, 0110: BGB § 543 Abs. 1, § 546 Abs. 1, § 566 Abs. 1, § 569 Abs. 4, § 578 Abs. 1, 2; GG Art. 5 Abs. 2, Art. 19 Abs. 3; LG Cottbus, Urteil vom 25.09.2020 – 1 O 264/19).

Trotz unterschriebenem Abnahmeprotokoll keine Abnahme  0

Anspruch auf Abnahme besteht, sobald der Auftragnehmer seine Leistung abnahmereif erbracht hat. Ist die Leistung vollständig und ohne wesentliche Mängel erbracht, liegt Abnahmereife vor.

Dem Auftraggeber ist es nicht zumutbar, die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung anzunehmen und sich auf Mängelrechte verweisen zu lassen, wenn wesentliche Mängel vorliegen. Dies ist nach Art und Umfang des Mangels, seiner konkreten Auswirkung, sowie nach den Umständen des Einzelfalls unter Abwägung der beiderseitigen Interessen einzuschätzen. Maßgeblich ist auch die Bedeutung des Mangels für die Gebrauchstauglichkeit.

Für die Frage, ob Abnahmereife vorliegt, kommt es auf die objektive Rechtslage im Zeitpunkt des Abnahmeverlangens, oder der Übergabe der Leistung an den Auftraggeber an, nicht aber darauf, welche Mängel zu diesem Zeitpunkt bereits konkret gerügt worden sind.

An einer Abnahme kann es sogar dann fehlen, wenn der Auftraggeber das Abnahmeprotokoll unterschrieben hat (IBRRS 2020, 2965; BGB §§ 133157640; OLG München, Beschluss vom 18.03.2019 – 28 U 3311/18 Bau; vorhergehend: OLG München, Beschluss vom 07.02.2019 – 28 U 3311/18 Bau; LG Traunstein, 17.08.2018 – 5 O 4386/16; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 20.04.2020 – VII ZR 68/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).