Post by Category : Werkvertrags- und privates Baurecht

Mängelbeseitigungskostenvorschuss nur mit Fristsetzung und Kündigungsandrohung  0

Im Falle des VOB/B-Vertrag steht dem Auftraggeber ein Anspruch auf Mängelbeseitigungskostenvorschuss nur dann zu, soweit dieser den Zugang der Fristsetzung mit Kündigungsandrohung darlegen und beweisen kann.

Der Zugangsnachweis kann bei einem Einwurf-Einschreiben nicht durch Vorlage des Einlieferungsbelegs und des Sendungsstatus geführt werden, da sich diesen nicht entnehmen lässt, dass eine Zustellung beim Erklärungsempfänger erfolgt ist.

Die Grundsätze des Anscheinsbeweises sprechen lediglich dann zugunsten des Erklärenden, soweit der Briefkasteneinwurf des Einwurf-Einschreibens ordnungsgemäß dokumentiert wird. Hierfür sind die Auslieferungsbelege entweder im Original oder als Reproduktion bereitzuhalten.

Eine endgültige und ernsthafte Verweigerung der Mängelbeseitigung, die eine Fristsetzung entbehrlich machen würde, ist dann zu verneinen, soweit der Auftragnehmer eine Fortsetzung der Arbeit in Aussicht stellt, falls offene Vergütungsforderungen beglichen werden.

Wird die bei Vertragsschluss noch sehr unbestimmt und allgemein gehaltene Leistungsbeschreibung erst im Laufe der Bauarbeiten sukzessive konkretisiert wird, wird eine verbindliche Fertigstellungsfrist hinfällig.

Vor Abnahme und bei aufrechterhaltenem Vertrag gewährt § 4 Abs. 7 Satz 2 VOB/B dem Auftraggeber einen Anspruch auf den Ersatz des Schadens, der diesem dadurch entsteht, dass das Bauwerk deshalb später fertiggestellt wird, weil der Auftragnehmer während der Bauausführung eine mangelhafte oder vertragswidrige Leistung durch eine mangelfreie oder vertragsgemäße Leistung ersetzt. Dies gilt auch dann, wenn die verspätete Fertigstellung des Bauwerks dadurch mitverursacht wird, dass der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung über einen bestimmten Zeitraum vertragswidrig nicht ausführt, was vorliegend jeweils verneint wurde.

Für einen Anspruch auf entgangenen Gewinn ist es erforderlich, dass der Geschädigte die Umstände darlegt und in den Grenzen des § 287 ZPO beweist, aus welchen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge, oder den besonderen Umständen des Falles, die Wahrscheinlichkeit des Gewinneintritts ergibt. Insoweit dürfen keine zu strengen Anforderungen gestellt werden.

Soweit Ausgangs- und Anknüpfungstatsachen für eine Schadensschätzung dargelegt werden, ist dies erforderlich, aber auch ausreichend ist,

Soweit dem Auftraggeber eine Ingebrauchnahme trotz etwaiger Mängel möglich und zumutbar war, kommt ein anspruchsminderndes Mitverschulden in Betracht (IBRRS 2024, 2295; BGB § 241 Abs. 2, §§ 252254280 Abs. 1, 2, §§ 320635649823 Abs. 1; VOB/B § 4 Abs. 7, § 8 Abs. 3, § 13 Abs. 5 Nr. 2; ZPO §§ 286287; KG, Beschluss vom 30.03.2023 – 27 U 192/22; vorhergehend: LG Berlin, 01.12.2022 – 32 O 161/21; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 14.02.2024 – VII ZR 89/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Das Prognoserisiko hinsichtlich der Schadensbeseitigung liegt beim Auftragnehmer   0

Erstattungsfähiger Schaden sind alle notwendigen Aufwendungen und damit alle Kosten, die der Auftraggeber als vernünftiger, wirtschaftlich denkender Bauherr im Zeitpunkt der Beauftragung des Dritten für angemessen halten durfte. Allerdings muss es sich dabei um vertretbare Fremdnachbesserungskostenmaßnahmen handeln. In der Regel kann der Geschädigte die Kosten erstattet verlangen, die ihm aufgrund sachkundiger Beratung entstanden sind.

Das Fehleinschätzungsrisiko, welches mit der sachkundig begleiteten Beurteilung einhergeht, trägt der Auftragnehmer. Die Kosten hat der Auftragnehmer auch dann zu erstatten, wenn sich im Nachhinein die zur Mängelbeseitigung ergriffenen Maßnahmen als nicht notwendig herausstellen.

Der Erstattungsanspruch des Auftraggebers reduziert sich, soweit die Grenzen des von diesem für erforderlich haltbaren Aufwandes überschritten worden sind und dieser bei der Auswahl des Drittunternehmers nicht die erforderliche Sorgfalt hat walten lassen.

Der zwischen dem Geschädigten, bzw. seiner Versicherung, und einem Gutachter geschlossene Gutachtervertrag bezüglich der Ermittlung der Anspruchshöhe entfaltet Schutzwirkung zugunsten des regulierungspflichtigen Haftpflichtversicherers.

Für die Einbeziehung in den Schutzbereich reicht es aus, soweit der Gutachter erkennen kann, dass sein Gutachten der zahlungsverpflichteten Versicherung vorgelegt werden soll. Schließlich ist damit die Schutzpflicht hinreichend erkennbar und eindeutig abgegrenzt (IBRRS 2024, 2246; BGB §§ 254255278; VOB/B § 13 Abs. 7 Nr. 3 S. 1 VOB/B; VVG § 86 Abs. 1 Satz 1; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.05.2023 – 5 U 155/22; vorhergehend: LG Duisburg, 23.06.2022 – 8 O 88/21
nachfolgend: BGH, Beschluss vom 14.02.2024 – VII ZR 116/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
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Bei wesentlichen Mängeln keine fiktive Abnahme  0

Nimmt der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist ab, obwohl er dazu verpflichtet ist, steht dies der Abnahme gleich. Ist die Bauleistung fertig gestellt und sind allenfalls unwesentliche Mängel vorhanden, ist der Besteller zur Abnahme verpflichtet.

Ob der Mangel wesentlich ist und damit zur Verweigerung der Abnahme berechtigt, hängt von Art und Umfang des Mangels und dessen Auswirkungen ab. Dies kann nur unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden. Gegebenenfalls können sogar bloße optische Beeinträchtigungen das Maß des Zumutbaren überschreiten.

Wird eine mittig gelegene, 280 m² große Innenhoffläche mit einer wassergebundenen Decke anstelle einer Rasenfläche gestaltet, handelt es sich insoweit um einen wesentlichen Mangel (BGB a.F. § 640 Abs. 1 Satz 3; BGB §§ 633634; OLG Köln, Beschluss vom 02.11.2021 – 7 U 173/20; vorhergehend: OLG Köln, Beschluss vom 17.09.2021 – 7 U 173/20; LG Köln, 20.11.2020 – 18 O 281/19).

Sogar grobe Fehler sind kein Ablehnungsgrund  0

Ein Sachverständiger ist abzulehnen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit anzumelden. Dabei muss es sich um Tatsachen oder Umstände handeln, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus, bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber.

Das Verfahren zur Ablehnung eines Sachverständigen ist nicht dazu da, um zu überprüfen, ob die Verfahrensweise des Sachverständigen im Rahmen der Begutachtung oder ein Gutachten zutreffend sind, oder nicht. Lediglich bei groben Verstößen eines Sachverständigen gegen zwingende gesetzliche Vorschriften kann etwas anderes kann gelten, was vorliegend zu verneinen ist.

Wird die fachliche Eignung des Sachverständigen angezweifelt, begründet dies allerdings keinen Vorwurf der Befangenheit. Von der fachlichen Qualifikation des Sachverständigen sind beide Parteien gleichermaßen betroffen. Sogar wenn sich die Feststellungen des Sachverständigen als nicht haltbar, oder grob fehlerhaft herausstellen sollten, begründet dies keinen hinreichenden Anlass für die Annahme, dass die fehlerhafte Feststellung bewusst zu Lasten einer Partei getroffen worden ist (ZPO § 42 Abs. 2, § 406 Abs. 1; OLG Köln, Beschluss vom 04.06.2024 – 16 W 16/24).

Die Abrechnung erfolgt am Schluss  0

Die Behauptung des Auftragnehmers, dieser habe nach Ablauf der zur Mängelbeseitigung gesetzten Frist und nach Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens einige Mängel ohne Zustimmung des Auftraggebers beseitigt, ist im Rahmen einer Vorschussklage auf die Mängelbeseitigungskosten rechtlich nicht erheblich. Ob und inwieweit Nachbesserungsarbeiten des Auftragnehmers erfolgreich waren, ist erst bei Abrechnung des Vorschusses zu prüfen.

Gegenüber dem Bauträger, dessen Verpflichtung zur Eigentumsumschreibung vertraglich durch die Zahlung des vollen Kaufpreises bedingt ist, steht dem Erwerber einer Eigentumswohnung auch für den Fall, dass nur noch ein geringfügiger Teil des Kaufpreises offen ist und Mängel vorliegen, regelmäßig kein Anspruch auf Eigentumsverschaffung gemäß § 242, bzw. § 320 Abs. 2 BGB zu, soweit Letzterer die Möglichkeit hat, mit eigenen Forderungen in den Kaufpreis übersteigender Höhe aufzurechnen und damit die Eintragungsvoraussetzungen herbeizuführen.

Von dem Bauträger kann der Erwerber nicht verlangen, eine aus Sicht des Erwerbers unter Überschreitung der Miteigentumsordnung, im Zuge der Errichtung angebrachte Abluftanlage an der Außenfassade zu entfernen, wenn deren Errichtung nicht zur vertraglichen Leistungen des Bauträgers ihm gegenüber zur Herstellung des Gemeinschaftseigentums und seines Sondereigentums gehört, sondern durch den begünstigten Sondereigentümer veranlasst wurde (IBRRS 2024, 2139; OLG Köln, Urteil vom 19.06.2024 – 11 U 73/23; BGB a.F. §§ 633634 Nr. 2, § 637 Abs. 1, 3; BGB § 242280 Abs. 1, 2, §§ 286320 Abs. 2; vorhergehend:
LG Köln, 22.12.2022 – 8 O 172/20
).

Der Keller eines Neubaus hat trocken zu sein  0

Die Trockenheit des Kellers gehört bei einem Neubau zur konkludent vereinbarten Beschaffenheit. Bei im Keller eindringender Feuchtigkeit handelt es sich um einen Mangel, soweit diese auf einer baulichen Ursache im Bereich der WU- Kellerkonstruktion zurückzuführen ist.

Das Gericht kann sich im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO auch dann eine positive Überzeugung von der Ursache eines Mangelsymptoms bilden, soweit gemäß den Auswertungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen zwar denkbare, aber unwahrscheinliche, alternative Ursachen für das Mangelsymptom existieren.

Ist die Leistungsklage auf Mangelbeseitigung gerichtet, genügt die Feststellung des zu beseitigenden Mangels als solchem in Form der Undichtigkeit der Kellerkonstruktion. Bei einem derartigen Klageziel bedarf es keinerlei Feststellungen zum exakten Ausmaß des der Art nach festgestellten Mangels, wie z. B. an welchen Stellen die undichte Kellerkonstruktion im Einzelnen von Wasser durchdrungen wird (IBRRS 2024, 2105; BGB §§ 633634 Nr. 1, § 635 Abs. 1; ZPO §§ 286402; OLG Nürnberg, Urteil vom 21.03.2024 – 13 U 695/23; vorhergehend: LG Weiden, 28.02.2023 – 14 O 54/22).

Bei Kündigung nach § 650f Abs. 5 BGB Anspruch auf Vergütung nur für mangelfreie Leistung  0

Hat der Unternehmer dem Besteller erfolglos eine Frist zur Stellung einer Bauhandwerkersicherung gesetzt und kündigt der Unternehmer den Bauvertrag anschließend, steht Letzterem eine Vergütung für erbrachte Leistungen nur zu, soweit dieser die Leistung tatsächlich erfüllt und damit mangelfrei erbracht hat.

Der Umfang des dem Unternehmer für die erbrachten Leistungen zustehenden Vergütungsanspruchs wird durch zum Kündigungszeitpunkt vorhandene Mängel beschränkt. Diesbezüglich hat der Unternehmer die Möglichkeit, die Mängel zu beseitigen und die volle Vergütung zu verlangen, oder sich ohne Mängelbeseitigung auf eine reduzierte Vergütung zu beschränken (IBRRS 2024, 2036; BGB a.F. § 648a Abs. 5; BGB § 650f Abs. 5; OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.11.2023 – 5 U 33/23).

Verjährungsbeginn erst bei Eintritt der Fälligkeit  0

Für synallagmatisch verbundene Ansprüche aus einem Vertragsverhältnis beginnt die Verjährungsfrist erst mit Fälligkeit des jeweiligen Anspruchs.

Wird der Anspruch des Käufers auf Eigentumsverschaffung an einem Grundstück, nach den vertraglichen Bedingungen nicht sofort fällig, beginnt die Verjährungsfrist nicht schon mit Vertragsschluss, sondern erst mit der Fälligkeit. Erst bei Eintritt der Fälligkeit entsteht der Eigentumsverschaffungsanspruch i. S. d. § 200 BGB (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 19.06.2006 – V ZR 40/05, IBRRS 2006, 1813 = IMRRS 2006, 1126 = NJW 2006, 2773), (IBRRS 2024, 1311; Verjährung beginnt erst mit Fälligkeit).

Gewährleistungsausschluss bei möglicher Asbestbelastung?  0

Ein Mangel der Kaufsache kann sich daraus ergeben, dass Baustoffe, die bei der Errichtung eines Wohnhauses gebräuchlich waren, später als gesundheitsschädlich erkannt worden sind.

Vom vertraglichen Gewährleistungsausschluss sind auch solche Mängel, die bereits bei Vertragsschluss vorhanden waren.

Werden vermeintlich belastete Bauteile eines Gebäudes auf Wunsch des Käufers entfernt, stellt dies für sich genommen noch kein Anerkenntnis einer Gewährleistungspflicht auf Seiten des Verkäufers dar (IBRRS 2024, 0994; BGB § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 Satz 1, §§ 433437 Nr. 1, § 444; LG Lübeck, Urteil vom 18.01.2024 – 14 S 41/23).

Weicht die Planung von der Baugenehmigung ab, so ist die Planung mangelhaft  0

Stimmt die Geschosshöhe nicht mit der erteilten Baugenehmigung überein, so ist die Ausführungsplanung des Architekten mangelhaft.

Soweit der Auftraggeber nachträglich mit einer von der Baugenehmigung abweichenden Planung und Ausführung einverstanden ist, so kann darin eine Beschaffenheitsvereinbarung liegen, die der Annahme eines Mangels widerspricht.

Soweit der Architekt den Auftraggeber nicht über die Konsequenzen einer von der Baugenehmigung abweichenden Ausführung aufklärt, kommt eine Haftung wegen Verletzung der Aufklärungspflicht in Betracht, soweit diese Pflichtverletzung für den Schaden kausal geworden ist.

Jedenfalls ist das bauausführende Unternehmen nicht dazu verpflichtet, die übergebenen Ausführungspläne auf deren Übereinstimmung mit der Baugenehmigung hin zu überprüfen (IBRRS 2024, 0960; BGB §§ 280631 Abs. 1, §§ 633634 Nr. 4; LG Darmstadt, Urteil vom 15.02.2023 – 11 O 130/19; nachfolgend: LG Darmstadt, 26.04.2023 – 11 O 130/19).