Post by Category : Werkvertrags- und privates Baurecht

Verjährungsbeginn erst bei Eintritt der Fälligkeit  0

Für synallagmatisch verbundene Ansprüche aus einem Vertragsverhältnis beginnt die Verjährungsfrist erst mit Fälligkeit des jeweiligen Anspruchs.

Wird der Anspruch des Käufers auf Eigentumsverschaffung an einem Grundstück, nach den vertraglichen Bedingungen nicht sofort fällig, beginnt die Verjährungsfrist nicht schon mit Vertragsschluss, sondern erst mit der Fälligkeit. Erst bei Eintritt der Fälligkeit entsteht der Eigentumsverschaffungsanspruch i. S. d. § 200 BGB (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 19.06.2006 – V ZR 40/05, IBRRS 2006, 1813 = IMRRS 2006, 1126 = NJW 2006, 2773), (IBRRS 2024, 1311; Verjährung beginnt erst mit Fälligkeit).

Gewährleistungsausschluss bei möglicher Asbestbelastung?  0

Ein Mangel der Kaufsache kann sich daraus ergeben, dass Baustoffe, die bei der Errichtung eines Wohnhauses gebräuchlich waren, später als gesundheitsschädlich erkannt worden sind.

Vom vertraglichen Gewährleistungsausschluss sind auch solche Mängel, die bereits bei Vertragsschluss vorhanden waren.

Werden vermeintlich belastete Bauteile eines Gebäudes auf Wunsch des Käufers entfernt, stellt dies für sich genommen noch kein Anerkenntnis einer Gewährleistungspflicht auf Seiten des Verkäufers dar (IBRRS 2024, 0994; BGB § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 Satz 1, §§ 433437 Nr. 1, § 444; LG Lübeck, Urteil vom 18.01.2024 – 14 S 41/23).

Weicht die Planung von der Baugenehmigung ab, so ist die Planung mangelhaft  0

Stimmt die Geschosshöhe nicht mit der erteilten Baugenehmigung überein, so ist die Ausführungsplanung des Architekten mangelhaft.

Soweit der Auftraggeber nachträglich mit einer von der Baugenehmigung abweichenden Planung und Ausführung einverstanden ist, so kann darin eine Beschaffenheitsvereinbarung liegen, die der Annahme eines Mangels widerspricht.

Soweit der Architekt den Auftraggeber nicht über die Konsequenzen einer von der Baugenehmigung abweichenden Ausführung aufklärt, kommt eine Haftung wegen Verletzung der Aufklärungspflicht in Betracht, soweit diese Pflichtverletzung für den Schaden kausal geworden ist.

Jedenfalls ist das bauausführende Unternehmen nicht dazu verpflichtet, die übergebenen Ausführungspläne auf deren Übereinstimmung mit der Baugenehmigung hin zu überprüfen (IBRRS 2024, 0960; BGB §§ 280631 Abs. 1, §§ 633634 Nr. 4; LG Darmstadt, Urteil vom 15.02.2023 – 11 O 130/19; nachfolgend: LG Darmstadt, 26.04.2023 – 11 O 130/19).

Auch der Architekt hat eine konkrete bauablaufbezoge Darstellung vorlegen  0

Kommt es zu schwerwiegenden, unvorhersehbaren und nicht vom Architekten zu vertretenden Bauzeitverzögerungen generiert dies nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlageeinen Anspruch auf Anpassung des Architektenhonorars.

Voraussetzung für die schlüssige Darlegung eines Honoraranpassungsanspruchs wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist die konkrete bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Verzögerungen bei Gegenüberstellung der Ist- und Soll-Abläufe (IBRRS 2024, 0966; BGB §§ 133157313; HOAI 2009 § 4; OLG Köln, Beschluss vom 22.12.2021 – 16 U 182/20; vorhergehend: OLG Köln, 28.07.2021 – 16 U 182/20; LG Aachen, 27.10.2020 – 12 O 182/20; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 08.11.2023 – VII ZR 16/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Einzelpreis- Erhöhungen aufgrund von Mengenminderungen erfolgen kalkulatorisch.  0

Wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers ist eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers unwirksam, die nicht nur eine Preisanpassung wegen Mengenänderungen gem. § 2 Abs. 3 VOB/B, sondern zusätzlich auch eine Preisanpassung zugunsten des Auftragnehmers nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage ausschließt(vgl. BGH, IBR 2016, 3).

Die Berechnung des Anspruchs des Auftragnehmers auf Erhöhung des Einheitspreises wegen Unterschreitung des Mengenansatzes gem. § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B erfolgt bei kalkulatorischer Fortschreibung der vereinbarten Einheitspreise.

Infolge der Mengenminderung ist die entstandene Unterdeckung der Gemeinkosten und des Gewinns, ohne Wagnis, auszugleichen.

Dabei kann der Auftragnehmer auch für ersatzlos entfallene Leistungspositionen (sog. Nullpositionen) nach Maßgabe des § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B Ausgleich verlangen (vgl. BGH, IBR 2012, 188); BGB §§ 133305c Abs. 1, §§ 307632a Abs. 1 Satz 1; VOB/B § 2 Abs. 3, § 16; IBRRS 2024, 0842; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 18.12.2023 – 12 O 8630/20).

Bei Abtretung von Mängelrechten Kostenvorschuss nur für Mängelbeseitigung  0

Der Zessionar kann bei umfassenden Abtretung der werkvertraglichen Mängelrechte einen Kostenvorschuss in Sinne des § 637 Abs. 3 BGB nur einfordern, soweit dieser beabsichtigt, den Vorschuss dergestalt zur Mängelbeseitigung einzusetzen, dass diesem dadurch ein Kostenerstattungsanspruch nach § 637 Abs. 1 BGB entsteht. Soweit der Zessionar beabsichtigt, den Kostenvorschuss dem Zedenten zur Verfügung zu stellen, ist dies allerdings nicht der Fall.

Kosten einer Bonitätsauskunft können einen ersatzfähigen Verzugsschaden darstellen (IBRRS 2024, 0892; BGB §§ 398633634637 Abs. 1, 3; ZPO § 33; LG Karlsruhe, Urteil vom 19.01.2024 – 10 O 181/23).

Bei Bauzeitverlängerung durch Änderungsleistung Vergütung nach tatsächlich erforderlichen Kosten  0

Soweit der Auftraggeber dem Auftragnehmer auf einer Baubesprechung mitteilt, dass sich der Beginn seiner Arbeiten aufgrund einer Behinderung durch einen Vorunternehmer zeitlich verschiebt, beinhaltet dies weder eine Anordnung i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B (2002), noch ein Angebot zur Änderung der vertraglich vereinbarten Bauzeit.

Soweit sich der Auftragnehmer im Rahmen der Vereinbarung eines Nachtrags einen bauzeitbezogenen Mehrkostenanspruch nicht ausdrücklich vorbehält, ist in der Regel davon auszugehen, dass das Nachtragsangebot sämtliche Mehrleistungen umfasst, mit der Folge, dass zusätzliche, bauzeitbezogene Kosten aufgrund eines späteren Nachtrages nicht mehr nachgeschoben werden können.

Um die Bauzeitverlängerung transparent zu machen, ist bezüglich der Darlegung des Anspruchs auf zeitabhängige Mehrkosten eine baustellenbezogene Darstellung der Ist-, bzw. Sollabläufe notwendig.

Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, so ist ein Mehrvergütungsanspruch nach § 2 Nr. 5 VOB/B (2002) nach den tatsächlich erforderlichen Mehrkosten zuzüglich angemessener Zuschläge für Baustellengemeinkosten, allgemeine Gemeinkosten und Gewinn darzulegen und unter Beweis zu stellen. Diese Aufgabe kann nicht durch kalkulatorische Bewertungsverfahren, wie z. B. anhand geschätzter Produktivitätsverluste auf der Grundlage von Erfahrungswerten, erfüllt werden (IBRRS 2024, 0827; BGB § 313642; VOB/B § 2 Nr. 5, § 6 Nr. 6; OLG Köln, Urteil vom 21.12.2023 – 7 U 173/20; vorhergehend: LG Köln, 08.03.2022 – 5 O 9/10).

Übersehene Rechnungspositionen verjähren zeitgleich mit der Schlussrechnungsforderung  0

Die Schlussrechnungsforderung des Auftragnehmers wird im VOB/B-Vertrag nach der Abnahme der Leistung, Vorlage einer prüfbaren Schlussrechnung und dem Ablauf der vereinbarten Prüffrist fällig.

Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist, wobei die Schlussrechnungsforderung in drei Jahren verjährt.

Die gesamte Schlussrechnungsforderung wird einheitlich fällig und verjährt auch einheitlich. Folglich beginnt für versehentlich vergessene unselbständige Rechnungspositionen, oder Teilforderungen, die Verjährung auch dann zu laufen, soweit diese nicht Gegenstand der Schlussrechnung waren. Anders verhält es sich bei Rechnungsposten und Teilforderungen, die noch nicht in die erste Schlussrechnung eingestellt werden konnten (BGB §§ 195199 Abs. 1, § 640; VOB/B §§ 1216; KG, Urteil vom 12.12.2023 – 21 U 47/22; vorhergehend: LG Berlin, 23.03.2022 – 101 O 53/19).

Mängelverjährung bei Montage einer sogenannten Aufdach- Photovoltaikanlage beträgt fünf Jahre   0

Auf einen Werkvertrag über die Aufstellung einer fest mit dem Dach verbunden Photovoltaikanlage findet die fünfjährige Verjährungsfrist für Arbeiten bei Bauwerken Anwendung (IBRRS 2024, 0539; IBRRS 2024, 0539; vgl. BGH, IBR 2019, 203; OLG Schleswig, Urteil vom 01.02.2023 – 12 U 63/20; vorhergehend: LG Itzehoe, 31.03.2020 – 7 O 1/18; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 22.11.2023 – VII ZR 35/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Kein Nachtrag trotz höherer Kosten bei kalkulatorisch unklarer Leistungsbeschreibung  0

Eine kalkulatorisch unklare Leistungsbeschreibung darf der Auftragnehmer nicht einfach akzeptieren, sondern sollte sich insoweit ergebende Zweifelsfragen vor Angebotsabgabe erläutern lassen. Dies gilt vor allem dann, wenn sich die beabsichtigte Bauausführung aus der Leistungsbeschreibung nicht nachvollziehbar ergibt, der Auftragnehmer bei der Kalkulation darauf aber maßgeblich abstellen will (Anschluss an BGH, Urteil vom 25.06.1987 – VII ZR 107/86, IBRRS 1987, 0611).

Sofern die dem Auftragnehmer überlassenen Unterlagen für eine zuverlässige Kalkulation nicht ausreichen, sollte dieser nicht „ins Blaue hinein“ mit der für diesen günstigsten Ausführungsvariante kalkulieren (Anschluss an BGH, Urteil vom 25.06.1987 – VII ZR 107/86, IBRRS 1987, 0611).

Ist die vermeintlich geänderte Leistung bereits vom bestehenden vertraglichen Leistungsumfang umfasst, ist die Regelung des § 2 Abs. 5 VOB/B nicht anwendbar, beispielsweise weil ein bestimmter vertraglicher Erfolg auf Basis einer offensichtlich kalkulatorisch unklaren Leistungsbeschreibung angeboten worden ist (Anschluss an BGH, IBR 1992, 349).

Die Anordnung einer Änderung des Bauentwurfs kann auf der Übergabe geänderter Pläne basieren. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Auftraggeber die Absicht hat, das beschriebene Leistungssoll zu ändern. Dieser kann genauso gut davon ausgehen, dass die geforderte Ausführung von der vertraglichen Leistung umfasst und mit den vereinbarten Preisen abgegolten ist.

Voraussetzung ist allerdings, dass der Auftragnehmer das Verhalten des Auftraggebers als Änderungsanordnung verstehen kann. Der Auftragnehmer muss davon ausgehen dürfen, dass dem Auftraggeber bewusst ist, dass dieser etwas anderes möchte, als ursprünglich vereinbart.

Erkennt der Auftragnehmer, dass der Auftraggeber die Leistungsbeschreibung anders versteht als er, muss dieser den Auftraggeber darauf hinweisen, dass er bei seiner Kalkulation von anderen Voraussetzungen ausgegangen ist und durch die vorgesehene Ausführung ein Mehraufwand entstehen wird. Nur in diesem Fall darf er in der Übergabe geänderter Pläne eine Änderungsanordnung sehen (BGB §§ 133157166 Abs. 2, § 242; VOB/B § 1 Abs. 3, 4, § 2 Abs. 5, 6; OLG Schleswig, Urteil vom 09.12.2022 – 1 U 29/21
vorhergehend: LG Flensburg, 01.04.2021 – 2 O 373/13; nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 25.10.2023 – VII ZR 247/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
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