Post by Category : Werkvertrags- und privates Baurecht

Bei Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, keine Wohnnutzung, auch nicht bei drohender Obdachlosigkeit  0

Es liegt die Annahme nahe, dass ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften gegeben ist, soweit die Aufnahme der Wohnnutzung ohne Fertigstellungsanzeige bzw. Gestattung der vorzeitigen Nutzung und trotz brandschutzrechtlicher Bedenken, erfolgt.

Die Bauordnungsbehörde kann auf die Inanspruchnahme kommunaler Hilfsangebote verweisen, soweit Obdachlosigkeit des Bewohners droht (IBRRS 2025, 0672; BauO NW 2018 § 33 Abs. 2 Satz 2; VwGO § 80 Abs. 5; BauO NW 2018 § 33 Abs. 2 Satz 2; VwGO § 80 Abs. 5; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.01.2025 – 10 B 880/24; vorhergehend: VG Düsseldorf, 04.09.2024 – 11 L 2006/24).

Für die unterdimensionierte Entwässerung eines Anbaus haftet der Architekt  0

Sofern ein Architekt mit der Planung eines Anbaus beauftragt ist, welcher kein eigenständiges Gebäude darstellt, sondern der mit dem Bestandsgebäude verbunden werden soll, ist ein funktionsfähiges Gesamtgebäude einschließlich ausreichend dimensionierter Entwässerung geschuldet. Dies gilt unabhängig davon, ob der Architekt explizit mit der Entwässerungsplanung beauftragt wurde.

Insoweit kann lediglich ein ordnungsgemäßer Hinweis auf die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Fachplaners den Architekten entlasten, was vorliegend verneint wurde.

Der Architekt hat sich vor Ausführung seines Werks grundsätzlich zu vergewissern, ob die notwendigen Voraussetzungen eingehalten sind, selbst wenn dieser den Auftraggeber vorab darauf hingewiesen hat, dass bestimmte Voraussetzungen für sein Werk eingehalten sein müssen. Dementsprechend darf sich der Architekt nicht darauf verlassen, dass das Bestandsentwässerungssystem für die zusätzlich aus dem Anbau abzuleitende Wassermengen ausreichend ist (IBRRS 2025, 0615; BGB §§ 249280281634 Nr. 4, § 636; OLG Frankfurt, Urteil vom 01.07.2022 – 21 U 92/19; vorhergehend: LG Frankfurt/Main, 14.11.2019 – 2-20 O 149/18; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 15.05.2024 – VII ZR 152/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Arbeiten an einem Gasbrenner deuten auf späteren Brand hin  1

Soweit feuergefährliche Arbeiten vorgenommen werden und ein räumlicher und zeitlicher Zusammenhang zur Entstehung eines Brandes besteht, ist ein weiterer Vortrag des Geschädigten bezüglich des Eingreifens der Grundsätze über den Anscheinsbeweis nicht notwendig. Insoweit bedarf es keinerlei Klärung des konkreten Kausalverlaufs (IBRRS 2025, 0536; BGB § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1, 2; StGB § 306d Abs. 1; ZPO § 286 Abs. 1 Satz 1; OLG München, Urteil vom 04.02.2025 – 9 U 2443/24 Bau (nicht rechtskräftig; Rechtsmittel: BGH, Az. VI ZR 56/25); vorhergehend: LG Passau, 27.06.2024 – 1 O 211/22).

Mängelhaftung entfällt nur bei hinreichender Aufklärung  1

Soweit an der Baustelle artesisches Grundwasser vorkommt und der vom Auftragnehmer angebotene und errichtete Brunnen bei artesischen Grundwasserverhältnissen nicht ausreichend ist, liegt ein mangelhafter Brunnen vor.

Ein Ausschluss der Mängelhaftung kommt nur dann in Betracht, wenn der Auftragnehmer den Auftraggeber ausreichend über die Risiken, hier die Unbrauchbarkeit des Brunnens bei artesischen Grundwasserverhältnissen, aufgeklärt hat (IBRRS 2025, 0488; BGB §§ 280631633634636; OLG Celle, Urteil vom 03.07.2023 – 6 U 69/22; vorhergehend: LG Hildesheim, 15.07.2022 – 5 O 37/22; nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 09.10.2024 – VII ZR 152/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
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Die Mängelbeseitigungsfrist gilt auch für den Auftraggeber  1

Die Kündigung des Auftraggebers während der noch laufenden Mängelbeseitigungsfrist kann eine treuwidrige Vereitelung der dem Auftragnehmer eingeräumten Mängelbeseitigungsmöglichkeit darstellen.

Der Auftraggeber kann ein die erfolglose Fristsetzung zur Mängelbeseitigung voraussetzendes Mängelbeseitigungsrecht auch schon vor Fristablauf geltend machen. Dies, soweit sich abzeichnet, dass der Auftragnehmer die Mängelbeseitigungsfrist nicht einhalten wird und es dem Auftraggeber unzumutbar ist, den Fristablauf abzuwarten.

Setzt der Auftraggeber dem Auftragnehmer erneut eine Mängelbeseitigungsfrist, lebt zwar dadurch das Mängelbeseitigungsrecht des Auftragnehmers nicht wieder auf, allerdings hat der Auftraggeber die von diesem selbst gesetzte Frist selbst beachten (OLG Köln, Beschluss vom 27.11.2023 – 16 U 13/23, BGB §§ 242633634 Nr. 2, § 637 Abs. 2; vorhergehend: OLG Köln, 31.07.2023 – 16 U 13/23; LG Aachen, 23.12.2022 – 7 O 302/71; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 20.11.2024 – VII ZR 246/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Prüfbare Abrechnung bei fehlendem Aufmaß  0

Soweit es dem Auftragnehmer nicht möglich isst, die von diesem erbrachten Leistung durch ein Aufmaß zu ermitteln, genügt dieser seiner Verpflichtung zur Erstellung einer prüfbaren Abrechnung, indem dieser alle ihm zur Verfügung stehenden Umstände offenlegt, welche Rückschlüsse auf den Stand der erbrachten Leistung zulassen (GG Art. 103 Abs. 1; VOB/B § 14 Abs. 1; IBRRS 2024, 3131, vgl. BGH, IBR 2004, 488; BGH, Beschluss vom 26.09.2024 – I ZR 161/23; vorhergehend: OLG Frankfurt, 14.11.2023 – 14 U 55/21; LG Fulda, 05.02.2021 – 7 O 73/12).

Haftung des Auftragnehmers (auch) für Planungsfehler, sofern keine Bedenken angemeldet worden sind  0

Ein Mangel wegen Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik ist dann zu bejahen, wenn ein Gefälle die maßgebenden Vorschriften für genutzte Terrassen um 0,9% unterschreitet.

Den Parteien steht es grundsätzlich frei, von den anerkannten Regel der Technik abzuweichen. Derartige Beschaffenheitsvereinbarung „nach unten“ sind wegen des damit einhergehenden Verzichts auf die übliche Beschaffenheit allerdings an strenge Anforderungen geknüpft. Eine Solche ist nur zu bejahen, soweit der Besteller das damit einher gehende Risiko kannte. Selbst der sachkundige Besteller ist umfassend über die Risiken und möglichen Folgen der Bauausführung aufzuklären.

Geschuldet wird in Sinne des Im Werkvertragsrechts ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk im Sinne einer Erfolgshaftung. Lässt das Werk die Funktionstauglichkeit vermissen, so gilt es auch dann nicht als mangelfrei, wenn es der Leistungsbeschreibung und der vereinbarten Ausführungsart ansonsten genügt.

Ein Mangel liegt auch dann vor, wenn die Ursache der fehlenden Funktionstauglichkeit auf die vom Besteller erstellte Planung zurückzuführen ist. Der Unternehmer kann sich allerdings von seiner Haftung befreien, sofern die Ursache der fehlenden Funktionstauglichkeit nicht in dessen Sphäre liegt. Dies ist der Fall, sofern der Unternehmer seinen Prüfungs- und Hinweispflichten nachgekommen ist, keine Hinweispflicht besteht, weil dieser die Ungeeignetheit der Planung bei der gebotenen Prüfung mit dem von ihm erwartenden Fachwissen nicht erkennen konnte, oder soweit im Einzelfall der unterlassene Hinweis sich unstreitig nicht ausgewirkt hat.

Die Kosten der Beseitigung eines Werkmangels sind unverhältnismäßig, sofern der damit in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg, oder Teilerfolg, bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalles in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten finanziellen Aufwands steht.

Dem Unternehmer sind seitens des Bestellers zuverlässige Pläne und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Bedient Letzterer sich für die ihm obliegenden Planungsaufgaben eines Architekten, ist dieser sein Erfüllungsgehilfe im Verhältnis zum Bauunternehmer, so dass der Besteller für das Verschulden des Architekten einstehen muss. für ein etwaiges Überwachungsverschulden des Architekten gilt dies jedoch nicht.

Die vollständige Ausführungsplanung setzt die zeichnerische Darstellung des Objekts mit sämtlichen für die Ausführung notwendigen Einzelangaben voraus, so dass auf Grundlage der ausführungsreifen Ausführungsplanung zunächst Leistungspositionen beschrieben und außerdem Mengen und Massen ermittelt werden können und in der Folge auch die Bauausführung durch einen Unternehmer realisierbar ist (IBRRS 2024, 3109; BGB §§ 254278422633634 Nr. 2, § 634 Abs. 3, § 637 Abs. 2, § 640 Abs. 3; OLG Brandenburg, Urteil vom 10.10.2024 – 10 U 80/23; vorhergehend: LG Neuruppin, 30.03.2023 – 1 O 265/14).

Darlegungspflicht des Auftragnehmers bei Geltendmachung einer Entschädigung nach § 642 BGB  0

Die Anordnung i. S. des § 2 Abs. 5 VOB/B setzt eine rechtsgeschäftliche Erklärung des Auftraggebers voraus, aufgrund derer einseitig eine Änderung der Vertragspflichten des Auftragnehmers herbeigeführt werden soll (Fortführung von BGH, IBR 1992, 349).*)

Die Auslegung, ob das Verhalten, oder die Erklärung des Auftraggebers als Anordnung i. S. des § 2 Abs. 5 VOB/B auszulegen ist, richtet sich nach §§ 133157 BGB. Soweit eine Störung des Vertrags aufgrund einer Behinderung vorliegt, die faktisch eine Bauzeitverzögerung nach sich zieht, und teilt der Auftraggeber dem Auftragnehmer den Behinderungstatbestand und die hieraus resultierende Konsequenz mit, dass die Leistungen derzeit nicht erbracht werden können, sind insoweit die Voraussetzungen einer Anordnung i. S. des § 2 Abs. 5 VOB/B nicht erfüllt. Die Überreichung von Bauablaufplänen stellt ebenfalls keinerlei Anordnung des Auftraggebers i. S. des § 2 Abs. 5 VOB/B dar, sofern mit diesen lediglich auf behinderungsbedingte Störungen des Vertrags reagiert wird. Dies gilt auch, wenn darin im Hinblick auf die Behinderungen und die deshalb gem. § 6 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B verlängerten Ausführungsfristen zeitliche Konkretisierungen erfolgen.*)

Gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 VOB/B setzt der Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers voraus, dass die Bauzeitverzögerung adäquat- kausal auf störende Umstände zurückzuführen ist, die auf einer Vertragspflichtverletzung des Auftraggebers beruhen. Umstände aus der Risikosphäre des Auftraggebers reichen dafür nur dann aus, sofern diese auf einer Pflichtverletzung beruhen (§§ 133157 BGB; § 2 Abs. 5, § 6 Abs. 2, 6 VOB/B; Bestätigung von BGH, IBR 2006, 84; BGH, Urteil vom 21.10.1999 – VII ZR 185/98IBRRS 2000, 0800; BGH, Urteil vom 16.10.1997 – VII ZR 64/96IBRRS 2000, 0581).*) BGH, Urteil vom 19.09.2024 – VII ZR 10/24; vorhergehend: OLG Dresden, 13.12.2023 – 13 U 378/23;
LG Dresden, 31.01.2023 – 4 O 594/21
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Mängelbeseitigung kann bei zu niedrigem Drempel unverhältnismäßig  0

Die Breite ist bei einer Dusche in einer Nische von elementarer Bedeutung für die Benutzung. Eine Abweichung zwischen Planung (87 cm lichte Breite) und Ausführung (79,4 cm lichte Breite) von ca. 10 % stellt sich folglich als so erheblich dar, dass diese nicht mehr im Rahmen bauüblicher Toleranzen liegt.

Wegen Unverhältnismäßigkeit kann der Unternehmer die Mängelbeseitigung verweigern, wenn bei Betrachtung des Einzelfalls ein objektiv geringes Interesse des Bestellers an einer mangelfreien Werkleistung einem ganz erheblichen und vergleichsweise exorbitanten Kostenaufwand gegenübersteht (hier bejaht für die Ausführung eines Drempels in 1,57 m Höhe statt der vereinbarten 1,70 m Höhe) (IBRRS 2024, 2619; BGB § 631 Abs. 1, §§ 633634 Nr. 1, § 635 Abs. 1, 3, 641 Abs. 3; OLG Schleswig, Urteil vom 03.07.2024 – 12 U 63/22; vorhergehend: LG Kiel, 19.04.2022 – 11 O 169/20).

Neugestaltung bei Mangelbeseitigung durch Bauherrn zulässig  0

Hat der Architekt sich zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichtet, schuldet dieser als Werkerfolg eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Daran fehlt es, wenn, entgegen der Baugenehmigung, die Verwendung von Materialien im Leistungsverzeichnis geplant wird und diese Materialien verbaut werden.

Soweit der Architekt entsprechend der Leistungsphase 9 des § 33 HOAI 2009 (auch) mit der Objektbetreuung beauftragt wird, muss dieser innerhalb des fünfjährigen Zeitraums nach der Abnahme bemerken, dass das verwendete Bodenbelags- und Dämmmaterial nicht der erteilten Baugenehmigung entsprach.

Im Rahmen der Mangelbeseitigung ist der Bauherr nicht verpflichtet, die ursprüngliche Planung beizubehalten, um Schadenersatz in Höhe der Mangelbeseitigungskosten geltend machen zu können. Statt dessen kann dieser den Arbeiten eine abweichende Planung zugrunde legen, z. B. in Form einer neuen Gestaltung des Bauwerks, sofern dadurch die Mängel beseitigt werden. Sofern eine fiktive Schadensberechnung nicht vorliegt, ist die Höhe des Schadenersatzes auf den Betrag beschränkt, der bei der Mangelbeseitigung nach der alten Planung entstanden wäre.

Die Pflichten des Architekten beinhalten es, den Bauherrn im Rahmen der jeweils übernommenen Aufgabengebiets bei der Untersuchung und Behebung von Baumängeln zu unterstützen. Als Sachwalter des Bauherrn schuldet dieser die unverzügliche und umfassende Aufklärung der Ursachen sichtbar gewordener Baumängel, außerdem die sachkundige Unterrichtung des Bauherrn über das Ergebnis der Untersuchung, sowie der sich daraus ergebenden Rechtslage. Dies gilt auch für den Fall, dass die Mängel ihre Ursache in Planungs- oder Aufsichtsfehlern des Architekten haben.

Bei schuldhafter Verletzung der Untersuchungs- und Beratungspflicht, ist der Architekt dem Bauherrn im Wege der sog. Sekundärhaftung zum Schadensersatz verpflichtet. Dieser Schadensersatzanspruch geht dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten werkvertraglichen Ansprüche als nicht eingetreten gilt.

Dabei spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Bauherr innerhalb der Verjährungsfrist verjährungshindernde Maßnahmen gegen den Architekten ergriffen hätte, wenn dieser nicht nur seine Untersuchungs- und Beratungspflicht erfüllt hätte, sondern den Bauherrn auch über eine etwaige eigene Haftung informiert hätte (IBRRS 2024, 2634; BGB § 280 Abs. 1, §§ 633634 Nr. 4; HOAI § 2009 § 33; OLG Schleswig, Urteil vom 12.04.2024 – 1 U 66/22; vorhergehend: LG Lübeck, 27.06.2022 – 2 O 100/20).