Post by Category : Werkvertrags- und privates Baurecht

Sofern Auftraggeber fachkundig vertreten wird, Bedenkenhinweis nicht erforderlich  0

Ein zur Haftungsbefreiung führender Bedenkenhinweis setzt voraus, dass der Auftragnehmer die nachteiligen Folgen einer mangelhaften Ausführung fachlich zutreffend und vollständig darlegt, so dass der Auftraggeber die Tragweite der Nichtbefolgung eindeutig erkennen kann.

Sofern der Auftraggeber bereits über die notwendigen Kenntnisse verfügt, entfällt die Bedenkenhinweispflicht. Die Kenntnis eines umfassend rechtsgeschäftlich bevollmächtigten Vertreters, z. B. des Baubetreuers, muss sich der Auftraggeber insoweit zurechnen lassen (IBRRS 2025, 1036; BGB § 166 Abs. 1, §§ 389632 Abs. 2, §§ 633634 Nr. 2, § 637; IBRRS 2025, 1036; OLG Nürnberg, Urteil vom 20.02.2024 – 6 U 2127/20; vorhergehend: LG Nürnberg-Fürth, 17.06.2020 – 1 O 3780/15; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 12.02.2025 – VII ZR 56/24 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Unbestimmte Baugenehmigung muss aufgehoben werden  0

Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung muss die Baugenehmigung zweifelsfrei erkennen lassen. Andernfalls können die Beteiligten die mit dem Bescheid getroffene Verfahrensregelung nicht eindeutig nachvollziehen.

Bezüglich des Rücksichtnahmegebots ist eine Baugenehmigung in nachbarrechtlich relevanter Weise unbestimmt, wenn diese nicht erkennbar lässt, ob die getroffenen Nebenbestimmungen bei Umsetzung bzw. Ausübung der genehmigten Nutzung, den schützenswerten Belangen des Nachbarn ausreichend Rechnung tragen, d.h. die Immissionen auf ein zumutbares Maß zu begrenzen.

Aufzuheben ist die Baugenehmigung, soweit wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig feststellbar sind und deswegen eine Verletzung von Nachbarrechten nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann (hier bejaht) (IBRRS 2025, 1122; BauGB § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3; BImSchG § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 Satz 1; VG München, Beschluss vom 19.03.2025 – 1 SN 25.993).

Haftung der beteiligten Planer nach Bauwerksschäden aufgrund Hangrutsch  0

Haben im Rahmen der Sanierung eines Einfamilienhauses in bewaldeter Hanglage, der Objektplaner, der Tragwerksplaner, sowie der mit der Baugrunduntersuchung beauftragte Planer jeweils fahrlässig eine Pflichtverletzung begangen, welche mitursächlich für die Objektbeschädigung nach einem Hangabrutsch war, muss bei subjektiver Klagehäufung in Bezug auf jedes Vertrags- und Prozessrechtsverhältnis gesondert beurteilt werden, ob dem Bauherren ein Mitverschulden Dritter zuzurechnen ist.
– Im Verhältnis zwischen Bauherr und Objektplaner sind dem Bauherrn die Pflichtverletzungen des Statikers und des Baugrundgutachters nicht zuzurechnen, da diese keine Erfüllungsgehilfen des Bauherrn gegenüber dessen Objektplaner sind.
– Im Verhältnis zwischen Bauherr und Statiker, bzw. Baugrundgutachter, hat sich der Bauherr grundsätzlich das Verschulden des Objektplaners zurechnen zu lassen, was mittels entsprechender Haftungsquote zu berücksichtigen ist.*)

Bei der Schadensermittlung hat sich der Bauherr die Kosten der endgültigen Hangsicherung als Sowieso-Kosten anrechnen zu lassen, die fiktiv bei rechtzeitiger und korrekter Beratung über die Notwendigkeit einer dauerhaften Sicherung der Hangböschung im Rahmen des Bauvorhabens angefallen wären (IBRRS 2025, 1242; BGB §§ 249254280281283421634 Nr. 4, 636; ZPO § 287; OLG Naumburg, Urteil vom 10.03.2022 – 2 U 35/21; vorhergehend: LG Halle, 16.02.2021 – 4 O 113/17; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 20.11.2024 – VII ZR 65/22).

Barrierefreiheit bei acht Zentimeter hohen Türschwellen nicht erfüllt  1

Grundsätzlich ist der Erwerber von Wohnungseigentum berechtigt, seine individuellen Rechte aus dem Vertrag mit dem Veräußerer selbstständig geltend zu machen, soweit dadurch weder gemeinschaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümer, noch schützenswerte Interessen des Veräußerers beeinträchtigt werden. Gleiches gilt auch für den Vorschussanspruch, wobei dieser an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu leisten ist.

Der Verlust von Gewährleistungsansprüchen durch vorbehaltlose Abnahme tritt ein, sofern der Besteller im Zeitpunkt der Abnahme positive Kenntnis von einem Mangel hat. Ein „Kennenmüssen“ ist nicht relevant.

Sofern eine Erdgeschosswohnung gemäß Baubeschreibung barrierefrei geplant ist, liegt ein Mangel vor, sofern Türschwellen an einer dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnenden Terrasse 8 cm hoch sind.

Der Vorschussanspruch richtet sich nach den voraussichtlich anfallenden erforderlichen Aufwendungen. Dieser umfasst auch die zukünftig anfallende Umsatzsteuer (IBRRS 2025, 1219; BGB §§ 633637 Abs. 3, § 640 Abs. 3, § 650u; WEG § 9a Abs. 2; ZPO § 287 Abs. 2; OLG Brandenburg, Urteil vom 10.04.2025 – 10 U 54/24; vorhergehend: LG Potsdam, 10.04.2024 – 6 O 305/21).

Keine Vergütung ohne Abnahme  0

Nimmt der Auftraggeber an einer gemeinsamen Bautenstandsfeststellung teil, die aufgrund einer einstweiligen Arbeitseinstellung durchgeführt worden ist, kann dies nicht ohne Weiteres als konkludente (Teil-)Abnahme der erbrachten Leistungen ausgelegt werden.

Eine fiktive Abnahme scheidet aus, sofern wesentliche Mängel vorhanden sind, weshalb keine Abnahmereife gegeben ist.

Hingegen ist eine Abnahme als Voraussetzung der Fälligkeit des Werklohns dann nicht mehr erforderlich, sofern der Auftraggeber gegen die Werklohnforderung lediglich auf Geldzahlung gerichtete Gewährleistungsansprüche einwendet, aber keinerlei Nacherfüllung mehr verlangt, da dann ein Abrechnungsverhältnis zwischen den Parteien eingetreten ist (hier verneint) (IBRRS 2025, 1177; BGB §§ 286631 Abs. 1, § 638 Abs. 1 Satz 1, §§ 640641 Abs. 1; KG, Urteil vom 18.04.2023 – 21 U 110/22; vorhergehend: LG Berlin, 28.07.2022 – 12 O 197/18).

Keine Beweislastumkehr bei Abrechnungsverhältnis  0

An der Beweislastverteilung ohne Abnahme des Werks, wonach der Unternehmer den Umfang und die Mängelfreiheit seiner Leistung nachzuweisen hat, ändert sich bei Bestehen eines Abrechnungsverhältnisses nichts.

An dem Anspruch auf Vorschuss bezüglich der Mängelbeseitigungskosten ändert sich nichts dadurch, dass der Besteller die Möglichkeit hat, den für die Mängelbehebung erforderlichen Geldbetrag anderweitig zu erlangen, z. B. durch Einbehalt des offenen Werklohns, oder Inanspruchnahme der Gewährleistungsbürgschaft (IBRRS 2025, 0469; BGB §§ 634637 Abs. 3, § 640; ZPO § 531 Abs. 2; OLG Zweibrücken, Urteil vom 28.03.2024 – 5 U 53/23; vorhergehend: OLG Zweibrücken, Beschluss vom 05.03.2024 – 5 U 53/23; LG Kaiserslautern, 20.04.2023 – 2 O 742/17; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 07.08.2024 – VII ZR 65/24 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen).

Bei mangelnder Kooperation geht Vergütungsanspruch verloren  0

Ist ein Treppengerüst mangels Vorliegens einer Baugenehmigung im Zeitpunkt der Abnahme nicht als zweiter Rettungswegs nutzbar, ist dieses mangelhaft.

Trägt der Auftraggeber, wie vorliegend, das Genehmigungsrisiko, ist der Auftragnehmer für einen (Genehmigungs-)Mangel nicht einstandspflichtig.

Grundsätzlich kann der Auftragnehmer davon ausgehen, dass der selbst fachkundige bzw. fachkundig vertretene Auftraggeber im Rahmen dessen planerischen Verantwortlichkeit die maßgebenden Genehmigungserfordernisse kennt und beachtet, mit der Folge, dass dem Auftragnehmer keine Prüf- und Hinweispflicht obliegt.

Verletzt der Auftragnehmer seine bauvertragliche Kooperationspflicht, indem dieser notwendige, genehmigungsrelevante statische Berechnungen nicht nachreicht, verletzt dieser seine bauvertragliche Kooperationspflicht mit der Folge, dass ein Vergütungsanspruch ausgeschlossen ist (VOB/B § 2 Abs. 1, 2, § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 2, 3, § 14 Abs. 1; OLG Naumburg, Urteil vom 17.01.2024 – 5 U 86/23; vorhergehend:
LG Halle, 21.07.2023 – 5 O 32
2/22, nachfolgend: BGH, Beschluss vom 19.03.2025 – VII ZR 30/24 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Mangelfreie Planung einer weißen Wanne aus Ortbeton  0

Die Planung des Architekten ist mangelhaft, sofern diese wegen fehlender Angaben zur Rissbreitenbildung im Hinblick auf eine in Ortbeton zu erstellende weiße Wanne unvollständig ist. Daran ändert sich selbst dann nichts, wenn sich die fehlenden Angaben zur Rissbreitenbegrenzung aufgrund tatsächlich erfolgter Verwendung von Fertigelementen nicht ausgewirkt haben.

Die Sekundärhaftung des Architekten kommt dann zum Tragen, sofern der Architekt auch mit der Leistungsphase 8 (Objektüberwachung) gemäß einschlägigen Leistungsbild der HOAI beauftragt worden ist (BGB §§ 280631633634 Nr. 4; IBRRS 2025, 0994; OLG Hamm, Urteil vom 21.12.2023 – 17 U 84/19; vorhergehend: LG Detmold, 10.05.2019 – 02 O 136/17).

Nach Abschluss der Mängelbeseitigung kein Vorschuss   0

Voraussetzung für den Anspruch auf Vorschuss für die Mängelbeseitigungskosten ist, dass die Mängelbeseitigung noch nicht erfolgt ist.

Allerdings ist im Rahmen des Klageverfahrens ein Übergang vom Vorschussanspruch auf den Anspruch auf Erstattung der tatsächlichen Mängelbeseitigungskosten zulässig.

Die Beweislast für das Vorliegen eines Mangels bei Abnahme, liegt nach Abnahme beim Auftraggeber. Der Beweis ist allerdings nicht erbracht, sofern Alternativursachen in Betracht kommen, bzw. die Verantwortlichkeit des Auftragnehmers nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehe (LG Frankfurt/Main, Urteil vom 10.01.2025 – 2-31 O 97/22 (BGB §§ 637640; VOB/B § 13 Abs. 5; ZPO §§ 139286😉

Bei unzureichenden Abdichtungen handelt es sich um wesentliche Mängel  0

Sofern die Leistung wesentliche Mängel aufweist, muss der Auftraggeber diese nicht abnehmen. In Duschbädern, gelten z. B. unzureichende Abdichtungen als wesentlich.

Nutzt der Auftraggeber eine mangelhafte Leistung, kann daraus nicht geschlossen werden, dass vorhandene Mängel als unwesentlich einzustufen sind. Davon abgesehen ist der Auftraggeber nicht zur Mängelbeseitigung verpflichtet.

Für das Recht des Auftraggebers, die Abnahme zu verweigern, kommt es nicht auf dessen Kenntnis von einem Mangel an. Maßgeblich ist allein, ob ein wesentlicher Mangel vorliegt, oder nicht (IBRRS 2025, 0992; VOB/B § 12 Abs. 3, § 13 Abs. 4, 5; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.02.2025 – 22 U 80/24; vorhergehend: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.01.2025 – 22 U 80/24;
LG Krefeld, 16.05.2024 – 5 O 1
41/22).