Posts for Tag : Schadensersatz

Mängelhaftung nach Werkvertragsrecht bei Erwerb einer „kernsanierten“ Immobilie  0

Selbst wenn kein typischer Bauträgervertrag vorliegt, sind Mängelansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb einer als „kernsaniert“ bezeichneten Immobilie nach den Vorschriften des Werkvertragsrechts zu beurteilen.

Ein verständiger Erwerber kann im Zusammenhang mit dem Erwerb einer „kernsanierten“ Immobilie die Vorstellung verbinden, keine erheblichen Investitionen mehr vornehmen zu müssen, um diese in Benutzung zu nehmen.

Dier Zusicherung als „kernsaniert“ stellt eine Beschaffenheitsvereinbarung dahingehend dar, dass die Sanierungsarbeiten als Mindeststandard den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Insoweit gilt auch dann nichts anderes, wenn ein privater Veräußerer die Arbeiten in Eigenregie vorgenommen hat.

Ein Haftungsausschluss kann für zugesicherte Eigenschaften nicht wirksam vereinbart werden (IBRRS 2024, 0004; BGB § 280 Abs. 1, §§ 633634 Nr. 4, § 635 Abs. 1; OLG München, Urteil vom 15.02.2022 – 28 U 2563/13 Bau; vorhergehend: LG München II, 19.04.2013 – 13 O 4204/12; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 14.12.2022 – VII ZR 56/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Der Architekt hat die Umsetzung seiner Planung zu überprüfen  0

Der Architektenvertrag stellt regelmäßig einen Werkvertrag dar. Liegt eine Vertragspflichtverletzung vor und kann der Architekt seine Leistung nicht mehr durch Nacherfüllung erbringen, schuldet dieser dem Bauherrn Schadensersatz.

Im Rahmen der Bauüberwachung ist der Architekt verpflichtet, das Gefälle von Balkon- Bodenblechen unmittelbar nach deren Errichtung zu prüfen. Insoweit liegt ein Bauüberwachungsfehler dann vor, wenn der Architekt entgegen der eigens erstellten Detailplanung nicht bemerkt, dass kein ausreichendes Gefälle vorhanden ist, was Schadensersatzansprüche nach sich zieht.

Zum Vorschussanspruch gegen einen Architekten (IBRRS 2023, 2856;
BGB § 280 Abs. 1, §§ 631634 Nr. 4; HOAI 2002 § 15; OLG Stuttgart, Urteil vom 29.09.2020 – 12 U 461/19; vorhergehend: LG Stuttgart, 06.06.2019 – 12 O 210/17).

Die Kosten einer fehlgeschlagenen Abnahme trägt der Auftragnehmer   0

Verweigert der Auftraggeber wegen festgestellter Mängel die Abnahme der Leistung, mit der Folge, dass es an einer Abnahme und damit an einer Bestätigung der Vertragsgemäßheit der Leistung durch den Auftraggeber mangelt, liegt die Beweislast für die Mangelfreiheit der Leistung nach wie vor beim Auftragnehmer.

Hat der Auftragnehmer die Abnahme zu Unrecht verlangt, weil die Leistung noch wesentliche Mängel aufweist, ist dieser aufgrund eigener Pflichtverletzung dazu verpflichtet, die im Zusammenhang mit der fehlgeschlagenen Abnahme angefallenen Kosten aus Schadenersatzgesichtspunkten zu tragen. Dies setzt voraus, dass es sich nicht nur um unwesentliche Mängel handelt und den Auftragnehmer ein Verschulden trifft (IBRRS 2023, 2789; BGB §§ 633634640; LG Bielefeld, Urteil vom 18.04.2023 – 5 O 149/22).

Erneute Fristsetzung bei mangelhafter Nacherfüllung erforderlich  0

Soweit sich ein Planungsmangel noch nicht im Bauwerk niedergeschlagen hat, weil noch nicht entsprechend der Planung gebaut worden ist, hat der Architekt, bzw. der Ingenieur, seine Planung nachzubessern und den Planungsmangel zu beseitigen.

Auch wenn der Leistungsumfang genau feststeht, müssen nicht sämtliche Architekten- und Ingenieurleistungen sofort erbracht werden, sondern lediglich die zum gegenwärtigen Projektstand jeweils erforderlichen Leistungen.

Schadensersatz wegen Planungsverzugs kann grundsätzlich erst nach erfolgloser Fristsetzung geltend gemacht werden.

Soweit eine Nacherfüllungsfrist wegen eines Mangels gesetzt wird, die vom Architekten, bzw. Ingenieur, zwar eingehalten, die Nacherfüllung aber mangelhaft vorgenommen wird, erfordert dies grundsätzlich eine erneute Nachfristsetzung (IBRRS 2023, 1424, BGB §§ 271280 Abs. 1, §§ 281286631633 Abs. 2, § 634 Nr. 4; OLG Frankfurt, Urteil vom 11.05.2020 – 29 U 56/19; vorhergehend: LG Wiesbaden, 22.03.2019 – 2 O 335/17; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 18.01.2023 – VII ZR 119/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Mangelbeseitigung unverhältnismäßig, soweit Funktionalität nicht spürbar beeinträchtigt  0

Soweit der Auftraggeber wegen eines Baumangels Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten fordert, kann der Auftragnehmer einwenden, die Aufwendungen zur Mängelbeseitigung seien unverhältnismäßig.

Insoweit gelten die Aufwendungen für die Mangelbeseitigung dann als unverhältnismäßig, soweit der in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielbare Erfolg bei Abwägung aller Umstände in keinerlei vernünftigem Verhältnis zur Höhe des dafür geltend gemachten Geldaufwands steht.

Die Unverhältnismäßigkeit ist in der Regel dann anzunehmen, wenn dem objektiv geringen Interesse des Auftraggebers an einer vollständig ordnungsgemäßen Vertragsleistung ein durchaus erheblicher und vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht.

Der Mängelbeseitigungsaufwand ist in der Regel dann nicht unverhältnismäßig, wenn der Auftraggeber ein objektiv berechtigtes Interesse an der ordnungsgemäßen Vertragserfüllung hat. Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn die Funktionsfähigkeit der Leistung offensichtlich beeinträchtigt ist.

Die Parteien können eine Schiedsgutachtenvereinbarung dahingehend vereinbaren, dass ein Sachverständiger das (Nicht-)Vorhandensein der vom Auftraggeber gerügten Mängel für die Parteien verbindlich festzustellen und gegebenenfalls die Mängelbeseitigungskosten zu ermitteln hat.

Soll der Schiedsgutachter auf Grund seiner besonderen Sachkunde lediglich das Vorhandensein von Mängeln feststellen, ist das Schiedsgutachten nur dann unverbindlich, wenn es offenbar unrichtig ist.

Offenbar unrichtig ist das Schiedsgutachten erst dann, wenn es den Grundsatz von Treu und Glauben in grober Weise verletzt und sich dessen Unrichtigkeit dem Blick eines sachkundigen und unbefangenen Beurteilers unmittelbar aufdrängen muss. Daran sind strenge Anforderungen zu stellen (BGB §§ 249251 Abs. 2 Satz 1, §§ 315317319633634635 Abs. 3; VOB/B § 13 Abs. 7; OLG Hamburg, Urteil vom 25.11.2020 – 8 U 18/20; vorhergehend: LG Hamburg, 25.11.2005 – 310 O 230/99).

Bauherr als Auftraggeber auch bei Vergabe durch Projektmanager  0

Gibt der spätere Auftragnehmer auf Aufforderung des Projektmanagers ein Angebot auf und erklärt Letzterer gleichzeitig, dass der Bauherr als Auftraggeber anzusehen sei, so kommt der Bauvertrag nicht mit dem Projektmanager, sondern mit dem Auftraggeber zustande.

Der Vertreter ohne Vertretungsmacht haftet dann nicht auf Schadensersatz, wenn der Auftragnehmer den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen musste (IBRRS 2022, 3280; BGB §§ 133157164179 Abs. 1, 3, § 631; OLG Naumburg, Beschluss vom 22.12.2020 – 2 U 73/20; vorhergehend: OLG Naumburg, 20.11.2020 – 2 U 73/20; LG Magdeburg, 04.03.2020 – 2 O 976/19).

Keine Mangelhaftigkeit des Schwarzbaus  0

Jedem durchschnittlichen Bauherrn muss klar sein, dass sowohl der vollständige Abriss eines Bestandsgebäudes, sowie die Neuerrichtung eines Ferienhauses einer Baugenehmigung bedürfen.

Der Auftragnehmer braucht vor Vertragsschluss nicht auf Umstände hinzuweisen, von denen der Auftraggeber Kenntnis hat, oder haben muss.

Sind sich die Parteien eines Bauvertrags ausdrücklich darüber einig, dass das Bauwerk unter Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Vorgaben errichtet wird, kann der Auftraggeber, soweit dieser das Risiko des Schwarzbaus bewusst in Kauf genommen hat, hinterher keinerlei Mängelansprüche gegen den Auftragnehmer geltend machen (IBRRS 2022, 3001; BGB §§ 134249254276280633; OLG Dresden, Urteil vom 07.12.2021 – 6 U 1716/21; vorhergehend: LG Dresden, 23.07.2021 – 9 O 1527/17; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 10.08.2022 – VII ZR 1/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Fliesenleger hat für Staubschutz zu sorgen  0

Sofern der Auftragnehmer in den Geschäftsräumen des Auftraggebers während des laufenden Betriebs staubauslösende Fliesenarbeiten durchführt, hat dieser Staubschutzvorkehrungen vorzuhalten, um zu vermeiden, dass Schäden am Inventar entstehen. Anderenfalls ist er zum Schadensersatz verpflichtet.

Die einzelnen Schadenspositionen sind seitens des Auftraggeber auch dann detailliert aufzuschlüsseln und gegebenenfalls zu erläutern, wenn dies mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist (IBRRS 2022, 3088; BGB § 254 Abs. 2, §§ 280633634; OLG Bamberg, Beschluss vom 14.04.2021 – 3 U 319/20; vorhergehend: OLG Bamberg, Beschluss vom 19.03.2021 – 3 U 319/20; LG Bamberg, 23.09.2020 – 11 O 281/16; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 27.07.2022 – VII ZR 423/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Neubeginn der Verjährung der Mängelansprüche bei Zusage der Nachbesserung  0

Soweit der Auftragnehmer seine Verpflichtung zur Nachbesserung anerkennt, beginnt die Verjährungsfrist für Mängelansprüche neu zu laufen.

Ein Anerkenntnis liegt bereits dann vor, wenn das tatsächliche Verhalten des Auftragnehmers gegenüber dem Auftraggeber das Bewusstsein vom Bestehen des Anspruchs unzweideutig zu erkennen gibt. Soweit der Auftragnehmer erklärt, dieser werde der Aufforderung des Auftraggebers zur Mängelbeseitigung Folge leisten, erkennt diesen damit seine Pflicht zur Nachbesserung an.

Allerdings schuldet der Auftragnehmer Nachbesserung, bzw. Mängelbeseitigung, lediglich, soweit es Mängel dessen eigener Leistung geht. Führen die Mängel seiner Leistung hingegen zu Schäden am sonstigen Eigentum des Auftraggebers, oder an dritten Gewerken, besteht nur eine Verpflichtung zum Schadensersatz.

Inhaltlich sind an eine Mangelrüge keinerlei allzu hohe Anforderungen zu stellen. Vielmehr genügt es, dass es für den Auftragnehmer erkennbar ist, was diesem vorgehalten wird und in welcher Weise dieser Abhilfe zu leisten hat. Die Mangelursache muss der Auftraggeber nicht konkret benennen. Vielmehr reicht es, wenn die Mangelerscheinung hinreichend genau bezeichnet wird, sogenannte Symptomtheorie.

Im Verhältnis des Auftraggebers zum Auftragnehmer ist der Architekt Erfüllungsgehilfe. Daher hat der Auftraggeber für das Verschulden des Architekten einzustehen, soweit der Auftraggeber für die Planungsaufgaben hinsichtlich der Durchführung eines Bauvorhabens einen Architekten einsetzt.

Führen Fehler des planenden Architekten zu einer fehlerhaften Leistung des Auftragnehmers, muss sich der Auftraggeber diese anspruchskürzend zurechnen lassen. Denn grundsätzlich ist der Auftraggeber verpflichtet, dem Auftragnehmer eine ordnungsgemäße Planung an die Hand zu geben, soweit Letzterer nicht selbst die Planung schuldet (IBRRS 2022, 2381; BGB §§ 203204209254278781; VOB/B § 13 Abs. 1, 4, 5, 7;
OLG Brandenburg, Urteil vom 11.08.2021 – 4 U 130/20;
vorhergehend: LG Potsdam, 01.01.2020 – 12 O 222/18
nachfolgend: BGH, Beschluss vom 01.06.2022 – VII ZR 835/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Kein Nachtrag für höhere Lohn- und Materialkosten bei Verzug des Vorunternehmers  0

Abschlagszahlungen haben immer nur vorläufigen Charakter. Der Ausgleich einer Abschlagsrechnung rechtfertigt nicht die Vermutung eines Anerkenntnisses der darin enthaltenen Positionen, vor allem nicht bezüglich der Höhe der geschuldeten Vergütung.

Das Unterlassen eines Leistungsabrufs stellt keinerlei leistungsändernde Anordnung des Auftraggebers, sondern bestenfalls eine vertragswidrige Behinderung der Ausführung dar.

Auch der Hinweis des Auftraggebers gegenüber dem Auftragnehmer, es würden veränderte (Bau-)Umstände vorliegen, beinhaltet keine vertragsändernde Anordnung .

Bei dem Recht des Auftraggebers zum Abruf der Vertragsleistung handelt es sich um eine echte Nebenpflicht, die den Auftraggeber zur Mitwirkung verpflichtet. Soweit der Auftraggeber die Verzögerung des Abrufs zu vertreten hat, hat der Auftragnehmer die Möglichkeit Schadensersatz geltend zu machen.

Der Vorunternehmer ist kein Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers im Verhältnis zum Nachfolgeunternehmer. Der Auftraggeber muss sich deshalb eine schuldhafte Leistungsverzögerung des Vorunternehmers nicht zurechnen lassen.

Der Entschädigungsanspruch gemäß § 642 BGB beinhaltet keinerlei Mehrkosten, wie gestiegene Lohn- und Materialkosten, die zwar aufgrund des Annahmeverzugs des Bestellers, infolge des Unterlassens einer diesem obliegenden Mitwirkungshandlung, allerdings erst nach dessen Beendigung anfallen und zwar im Rahmen der Ausführung der verschobenen Werkleistung (Anschluss an BGH, IBR 2017, 664) (IBRRS 2022, 1197; BGB §§ 157242276278313642; VOB/B § 1 Abs. 3, § 2 Abs. 5, § 16; OLG Hamburg, Urteil vom 27.11.2020 – 8 U 7/20; vorhergehend: LG Hamburg, 06.01.2020 – 317a O 12/18; nachfolgend: BGH, Beschluss vom 27.10.2021 – VII ZR 11/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).